Pushpak Ramayana Buch 4Zurück WeiterNews

Canto 17 - Balis Rede

Wie ein stolzer Baum vom Windstoß wurde der tapfere Bali zu Boden geschleudert, wo er im Glanz von schimmerndem Gold sich im Staube wälzte, wie das heruntergerissene Banner des großen Gottes, der die Himmel regiert. Als der zu Boden gegangen war, dem die Vanar Stämme als Herrn gehorchten, da trug sein Land wie ein dunkler, mondloser Himmel keine Freude mehr in sich. Obwohl Balis hochbeseelte Gestalt in Staub und Schlamm lag, blieben doch Leben, Tapferkeit, Macht und Anmut an ihrem vielgeliebten Ort weiter bestehen. Die goldene Kette mit reichen Juwelen besetzt, diese auserlesene Gabe Shakras (Indra, Balis Vater), bewahrte ihm das Leben und ließ seine Stärke und das Licht der Schönheit noch nicht vergehen. Von dieser göttlich gewirkten Kette übernahm seine staubige Gestalt einen Glanz, wie eine dunkle Wolke am Ende des Tages durch die sterbende Sonne prächtig angestrahlt wird. Als der Held im Kampfe zermalmt fiel, da strahlte ein dreifaches Licht weit hinaus von seinen Gliedern, der Kette und vom Pfeil, der sein Lebensblut trank, als der Krieger niedersank. Der nie versagende Pfeil, vom großen Bogen entlassen, den Rama hielt, brachte höchstes Glück und erleuchtete den Weg zu Brahmas Welt, die niemals vergeht(1).

Rama und Lakshmana näherten sich, um den mächtigen und gefallenen Feind zu betrachten: diesen Sohn Indras, tapfer und stark, den Monarchen mit der goldenen Kette, dem glänzenden Gesicht und den gelbbraunen Augen, der breiten Brust und mit Armen von wundersamer Länge, so schrecklich wie sein Vater Mahendra im Kampfe, oder wie Vishnus nie besiegte Macht, und nun doch gefallen, wie Yayati vom Himmel fiel, als sein Vorrat an Verdienst aufgebraucht war. Wie die helle Flamme, die schwindet und stirbt, oder wie die große Sonne, die den Himmel befeuert, und dem allgemeinen Verhängnis zur Folge verurteilt ist zu sterben, wenn die Zeiten enden und alles vergeht.

Als der verwundete Bali sah, wie sich Rama und Lakshmana näherten, sprach er scharfe Worte zum Sohn des Raghu, die den heiligen Stempel der Gerechtigkeit trugen: "Welchen Ruhm kannst du von einem Erschlagenen gewinnen, dem du im Kampf nicht die Stirn geboten hast? Wessen heimliche Hand hat mich niedergerissen, als ich wie verrückt mit meinem Feind kämpfte? Von jeder Zunge klingt dein Ruhm, du Abkömmling eines königlichen Geschlechts, der du deinen Gelübden treu, von edelster Familie und mit allen liebenswürdigen Gaben und Anmut gesegnet bist. Dessen empfindsames Herz den Kummer fühlt und am Wohle aller Wesen sich erfreut. Dessen Brust sich mit hohem Ehrgeiz wölbt und der die Forderungen der Pflicht kennt und sich niemals auflehnt. Sie preisen deinen Heldenmut, deine Geduld, Barmherzigkeit, Standhaftigkeit, Selbstkontrolle und Wahrhaftigkeit. Deine Hand ist bereit, die Sünde zu kontrollieren. All dies sind die Tugenden einer prinzlichen Seele. Ich dachte an all diese, deine Gaben und den Ruhm deiner alten Herkunft. Ich sah über die Tränen meiner Tara hinweg, traf mich mit Sugriva, und wir fochten. Oh Rama, bis zu diesem verhängnisvollen Morgen dachte ich, du würdest mich sicher nicht angreifen, während ich mit meinem Feind kämpfte. Ich dachte nicht an den Schlag von einem Fremden, doch nun zeigt sich dein böses Herz und klafft weit auf unter überwachsendem Gras. Du trägst das Kleid der Tugend, doch Hinterlist und niederste Sünde besudeln deine Seele. Ich nahm nicht an, daß in dir betrügerisches Feuer brennt, ein Sünder in das Gewand des Heiligen gekleidet. Nie dachte ich, du würdest die Rechtmäßigkeit als hohles Gewand nur vortäuschen.

Weder in umzäunten Städten noch im offenen Land hast du von meiner Hand jemals ein Leid erfahren, noch kannst du dich über stolze Mißachtung von mir beklagen. Wofür ist dann dieser schuldlose Mord? Ich führe mein harmloses Leben in den Wäldern und nähre mich von Früchten und Wurzeln. Ich begegnete meinem Feind im Feld und focht nie mit dir, oh Rama. An deinen Gliedern, oh König, erblicke ich die Kleidung eines Anhängers. Wie kann jemand wie du, der aus einer stolzen Linie von alten Königen stammt, unter der schönen Maske der Tugend durch solch niedere Tat über sein Geschlecht Schande bringen? Deine lange Abkunft leitest du von Raghu her, dem für seine pflichtbewußten Taten Überragenden. Warum wanderst du als Sünder im heiligen Kleid durch die Wildnis? Wahrhaftigkeit, Heldenmut, Gerechtigkeit frei von Befleckung, eine Hand, die gibt und nicht mißgönnt, die Macht, die Sünder niederwirft - das bringt einem Prinzen den besten Ruhm. Hier im Wald, oh König, leben wir von den Wurzeln und Früchten, die uns die Zweige geben. So formte die Natur unsere harmlose Rasse. Du bist ein Mann von hohem Range. Den Räuber reizen Silber, Gold und Land zur furchtbaren Attacke. Doch kannst du diesen wilden Zufluchtsort begehren und die Beeren und Früchte, die wir essen? Es ziemt sich nicht für Könige, den blumigen Pfad von Leidenschaft geleitet zu betreten. Ihr Arm sollte Sünde zerstören, und ihre sanfte Gunst werben und gewinnen. Der unverwandte Wille, der einen Staat führt, ist weises Wohlwollen für die Guten und Großen. Für alle Zeiten werden die Könige gerühmt, die beide Künste mischen und niemals verwechseln. Doch du bist schwach und schnell erzürnbar, unsicher und Sklave einer jeden Lust. Du trittst die Pflicht mit Füßen in den Staub, und alles, worauf du vertraust, ist dein Bogen. Du kümmerst dich nicht um edlen Gewinn und verachtest die Tugend, während jeder deiner Sinne seinen Gefangenen dahinzieht, den veränderlichen Gesetzen des Vergnügens zu folgen. Ich tat dir kein Unrecht zuleide, nicht in Worten oder Taten. Und doch blute ich von deinem tödlichen Pfeil getroffen. Was wirst du inmitten der Tugendhaften sagen, um deine anhaltende Beschmutzung wieder zu säubern?

Alle jene, oh König, die Königsmörder und die Ungläubigen, die sich an Blut und Schlachten erfreuen, die einen Brahmanen oder eine Kuh töten, die sich unpassend gegen die Gesetze vermählen und dabei die Rechte eines älteren Bruders verachten(2), jene, die es wagen, das Bett ihres Lehrers zu besteigen, auch Geizhälse, Spione und betrügerische Freunde müssen in die Hölle hinabsinken. Alle diese gottlosen Lumpen, jeder einzelne und alle zusammen, müssen in die Hölle für Sünder kommen. Meine Haut mögen die Heiligen nicht tragen, und für dich sind meine Knochen und mein Haar nutzlos. Auch kann mein geschlachteter Leib einem Anhänger wie dir keine Nahrung sein. Nur folgende Wesen mit fünf Zehen mag ein Mann töten und sich von der gefallenen Beute ernähren: Das gepanzerte Rhinozeros mag sterben, auch Hasen können Nahrung sein. Er mag Iguanas töten und essen, auch Stachelschwein und Schildkrötenfleisch. Doch alle Weisen betrachten es als Sünde, meine Knochen, mein Haar und meine Haut zu berühren. Sie mögen mein Fleisch nicht essen, und ich, oh Rama, werde als nutzloses Opfer sterben.

Vergebens hat meine Tara vernünftig gesprochen. Ihr Rat fiel auf taube und dumme Ohren. Ich beachtete ihre Worte nicht, obwohl sie lieb und lindernd waren, und stürmte hierher, meinem Schicksal zu begegnen. Weh für das Land, welches du regierst! Es wird von dir keinen Schutz erhalten, Herr, und wie eine edle Dame vernachlässigt werden, deren scheußlicher Ehemann unempfänglich für Schamgefühl ist. Du falscher und niederträchtiger Feigling mit einem gemeinen Herzen! Kann der edelste König Dasaratha einen solch gemeinen und niedrigen Sohn haben? Ach leider, ein Elefant in Gestalt des Rama warf in einem wahnsinnigen Sturm der Leidenschaft die Bande des Gesetzes zu Boden, die ihn umgürteten. Zu wild, um den Schmerz des führenden Stahls der Pflicht zu spüren(3), griff er mich Unachtsamen an, und ich sterbe unter seiner mörderischen Tat. Mit dieser, meiner unedlen Niederlage besudelt - wie willst du es wagen, inmitten guter Menschen zu sprechen, wenn jede Zunge diese schandvolle Tat mit scharfer Rüge tadeln wird? Solch heldenhafte Stärke und Mut, den du allein am Unschuldigen zeigtest, hast du nicht im männlichen Kampfe am Räuber deiner Gattin bewiesen. Hättest du nur in offenem Felde gestanden und dich mir tapfer und unverborgen gestellt, dann wäre es heute dein Schicksal gewesen, von dieser Hand in die Hallen von Yama geschickt zu werden. Vergebens kämpfte ich. Ich fiel von deiner Hand, die ich nicht sehen konnte. So beißt eine Schlange einen schlafenden und nie mehr erwachenden Mann für alte Sünden. Du hast Sugrivas Feind getötet und so seines Herzens Wünsche erfüllt. Doch Rama, hättest du mich zuerst aufgesucht, und mir von der Hoffnung erzählt, die du in deiner Seele nährst, an jenem Tage hätte ich deine Maithili Dame ihrem Herrn zurückgegeben. Ravana hätte ich mit einer Kette gebunden und ihn dir lebend zu Füßen gelegt. Ja, auch wenn sie in die tiefste Hölle oder unter die Wogen des Ozeans gesunken wäre, ich wäre ihrer Spur gefolgt und hätte dir die gerettete Dame zurückgebracht, wie einst Hayagriva(4) die weiße Asvatari aus der Hölle befreite.

Wenn mein Geist sich zum Fluge aufschwingt, ist Sugrivas Herrschaft gerecht und richtig. Doch es ist höchst ungerecht, oh König, daß ich, von deiner trickreichen Hand erschlagen, sterben soll. Aber sei still, mein Herz, dieses irdische Leben wird dunkel vom Herrscher Schicksal regiert. Das Reich ist verloren und gewonnen: Begegne den dich Fragenden nun mit geeigneter Antwort."


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(1) Es wird geglaubt, daß jedes von Rama getötete Wesen sofortige Seligkeit erreicht. "Gesegnet die Hand, die so teuren Tod gab."
(2) Heiratet ein jüngerer Bruder vor dem älteren ist dies eine grobe Verletzung des indischen Rechts.
(3) auch: den eisernen Haken zum Führen von Elefanten
(4) der Pferdeköpfige, eine Form Vishnus