Pushpak Ramayana Buch 4Zurück WeiterNews

Canto 18 - Ramas Antwort

Er verstummte, und Ramas Herz war aufgewühlt von all den scharfen Vorwürfen, die er gehört hatte. Da lag Bali, eine trübe und dunkle Sonne, deren Kurs in Licht und Pracht zerronnen war, oder wie das von den weiten Fluten in aller Breite ausgetrocknete Bett des Ozeans; hilflos wie das sterbende Feuer und nach den letzten Worten in gerechtem Zorn verstummt. Da hob auch Rama mit bewegtem Geist zum Tadel an und sprach zum Vanar König: "Wie kannst du, Bali, solcherart schmähen, obwohl du selbst keinen Blick auf die Forderungen von Pflicht, Liebe und Gewinn wirfst und die Bräuche, die über die Welt regieren? Wie kannst du mich voreilig und blind beschuldigen, so unstet wie alle Vanars sind? Nachdem du alle Regeln aus alten Tagen beleidigt hast, die alle Guten und Frommen loben?

Dieses Land, jeder Hügel und jede Jagd im Walde gehören zum alten Geschlecht der Ikshvakus, mit Vogel, Tier und Mensch ist alles unser, es zu hegen und zu kontrollieren. Nun ist Bharata auf den Ruf der Pflicht hin der weise, gerechte und treue Herr von allem. Er kennt jede Forderung des Gesetzes, der Liebe und des Gewinns. Auch Zorn und Gunst zeigt er rechtens. Er ist ein König, der die Wahrheit niemals beugt und der Gnade mit Kraft weise mischt mit einem Mut, der seiner Familie würdig ist. Er kennt die Forderungen von Zeit und Ort. Nun betreten wir, und andere mächtige Könige, von seinem Vorbild wohl belehrt, das Land in jeder Region, damit sich die Gerechtigkeit vermehren und vergrößern mag. Während der königliche Bharata, weise und gerecht, die weite Erde regiert, die ihm herrlich Anvertraute, wer wird da eine Tat versuchen, welche von der hochgehaltenen Gerechtigkeit verabscheut wird? Wie Bharata es befohlen hat, lassen wir uns von der Gerechtigkeit in allen unseren Taten leiten und bemühen uns, den Sünder zu bestrafen, der den Pfad der Rechtschaffenheit verachtet.

Du hast dich von diesem Pfad entfernt und den heiligen Gesetzen der Tugend widersetzt. Du hast den gerechten Pfad verlassen, den Könige bewahren sollten, und bist statt dessen der Stimme des Vergnügens gefolgt. Der Mann, der sich an die Regeln der Pflicht hält, beachtet diese Drei mit kindlicher Ehrfurcht: den Vater, den älteren Bruder und als dritten den Lehrer, von dessen Lippen er das Recht gehört hat. Um der Pflicht willen achten die Weisen mit väterlichen Augen auch den herzlich geliebten jüngeren Bruder und den Sohn, wenn die Tradition gereift ist. Fein sind die Regeln, welche die Guten leiten, sie scheinen verworren und sind schwer zu verstehen. Nur die höchste Seele, die in der Brust eines jeden thront, kann Recht von Sünde unterscheiden. Doch du bist ungezügelt und von schwacher Seele, verachtest Kontrolle wie alle in deinem Geschlecht, und kannst daher Wahrheit und Recht nicht finden, wie der Blinde, der sich mit Blinden berät.

Leih mir dein Ohr, und ich werde dir den Grund für meine Rede erklären. Lindere den Sturm in deiner Seele und beschuldige mich nicht in unnützem Zorn. Lenke deine Gedanken auf diese große Sünde, für die ich dich darnieder sende. Du, Bali, hast deinem Bruder zu Lebzeiten die anvermählte Ehefrau gestohlen, und indem du altes Recht verachtest, behältst du seine Ruma für dein eigenes Vergnügen. Die Ehefrau deines eigenen Sohnes sollte kaum weniger heilig in deinen Augen sein wie sie. Alle Pflicht hast du verschmäht, und daher kommt die Bestrafung für diesen gräßlichen Verstoß. Für jene, die blindlings fehl gehen, gibt es nur einen Weg, so denke ich. Man muß die Unüberlegten stoppen, die es wagen, sich von den Gesetzen zu entfernen, welche die Guten befolgen. Ich stamme aus einer Familie von Kshatriyas und kann deine abscheuliche Sünde nicht vergeben. Die Gesetze beschließen für Sünder wie dich die Todesstrafe. Denn Bharata regiert in souveräner Herrschaft, und wir gehorchen seinem königlichen Wort. Es gab nie und nimmer Hoffnung auf Begnadigung von jener scheußlichen Tat, die du getan. Der weiseste Monarch verdammt den Lump zum Sterben, wenn seine Verbrechen den Gesetzen spotten. Und wir helfen dem gerechten Geschick, wenn wir jene züchtigen, die irren.

Meine Seele sieht Sugriva als lieb und teuer an, gerade wie meinen Bruder Lakshmana. Er bringt mir Segen, und ich schwor, ihm seine Frau und sein Königreich wiederzubringen. Der Bund wurde in heiliger Ehre geschlossen, und die Vanar Fürsten umringten uns dabei. Wie kann ich, ein König, den Freund im Stich lassen und ein verbindliches Versprechen brechen? Denke über den Grund nach, oh Vanar, und über die Billigung ewiger Gesetze. Und, gerechterweise zu Boden gestreckt, gib zu, daß du wegen deiner Niedertracht stirbst. In Ehre war ich gebunden, einem treuen Freund die Hand zur Hilfe zu reichen. Und du bist deinem gerechten Schicksal begegnet, um deine früheren Sünden zu sühnen. Du wirst dir einigen Verdienst gewinnen, wenn du Buße für deine Sünde tust. Denn höre mir zu, Vanar König, wie ich die alten Verse rezitiere, die einst Manu sprach(1). Dieses heilige Gesetz, das alle akzeptieren, welche die Pflicht ehren, die ich bewahre: 'Rein werden die von Königen gezüchtigten Sünder und gewinnen sich wie die Tugendhaften die Himmel. Durch Schmerz oder völlige Buße befreit, ernten sie die Früchte gerechter Taten, während die bestrafenden Könige sich nicht die Strafe von denen aufladen, welche irren.'

Der edle König Mandhata, das Licht der Familie, von der ich abstamme, bestrafte einst einen Anhänger mit dem Tode, nachdem der sich herabgelassen hatte, so zu sündigen wie du. Viele Könige aus alten Zeiten haben die Verbrechen rasender Sünder bestraft. Und wenn dann ihr gottloses Blut vergossen war, hatte es alle Befleckung durch Schuld abgewaschen. Schweig, Bali, schweig, beklage dich nicht länger. Deine Tadel und Klagen sind vergebens. Denn du wurdest rechtens bestraft. Wir gehorchen unserem König und sind nicht frei. Doch einmal noch, Bali, leih mir dein Ohr und höre einen weiteren, schwerwiegenden Grund. Denn dieser, wenn er wohl gehört und durchdacht ist, wird alle Klagen und deinen Zorn zerstreuen.

Meine Seele wird nie diese Tat bereuen, noch habe ich den Pfeil im Zorn abgesandt. Wir bedrängen die Stämme des Waldes mit Schlingen, Fallen und Netzen. Viele unachtsame Rehe erlegen wir im dichtesten Dschungel und der Sicht verborgen. Nach der Jagd des Wildes dürstend zielen wir mit dem Pfeil auf stattliche Hirsche. Wir erlegen sie, wenn sie furchtsam davoneilen. Wir erlegen sie, wenn sie gestellt sind, wenn sie sorglos im Schatten liegen oder die Ebene mit achtsamen Augen absuchen. Sie wenden ihre Köpfe ab, wir zielen. Und niemand würde den eifrigen Jäger beschuldigen. Jeder in den Gesetzen der Pflicht bewanderte königliche Heilige liebt es, den Bogen zu spannen und die Beute zu erlegen, gerade wie du durch meinen Pfeil gefallen bist. Ich bin im Recht, dich zu töten, ob nun im direkten Kampf oder unbemerkt aus dem Hinterhalt, denn du bist ein Vanar. Doch nun, Bester der Vanars, wisse, daß Könige, welche die Erde regieren, die Früchte von reinem Leben und tugendhaften Taten und den schwer zu erringenden Lohn für hohe Pflicht verleihen. Verletze nicht deinen Herrn, den König. Laß von Taten und Worten ab, die ihm Schmerz verursachen. Denn Könige sind Kinder des Himmels, die hier auf Erden in menschlicher Verkleidung wandeln. Doch du hast, unbelehrt in den Forderungen der Pflicht deine Brust mit blinder Leidenschaft erfüllt und mich mit bitterer Zunge angegriffen, der ich stets der Pflicht folge."

Er verstummte. Bali stimmte tief berührt und von Kummer und Schande überwältigt den herrschenden Forderungen der Gesetze zu und befreite somit den Herrn des Raghu Geschlechts von aller Schuld. Mit ehrfürchtig gefalteten Händen sprach der Vanar zu Rama: "Wahr, bester Mann, ist jedes Wort, welches meine Ohren von deinen Lippen vernommen haben. Einem Lumpen wie mir steht es nicht zu, mit dir leere Worte zu tauschen. Vergib die ärgerlichen Bemerkungen, die aus meinem wilden Busen strömten, als ich sprach. Und lege mir nicht die vergeblichen Stiche meiner verrückten Vorwürfe zur Last, oh König. Du hast dir bestes Wissen im Recht gewonnen, denn du hast die Wahrheit in vielen Prüfungen geübt und legst nun, gerecht und rein im Innersten, die passendste Strafe auf jede Sünde. Ich brach aus jeder Bande des Gesetzes aus als stolzester und schlimmster Sünder. Oh sprich zu mir über das Recht. Belehre mich in weisester Rede und besänftige mein Herz." Wie ein trauriger Elefant, der in trügerischem Sand schnell versinkt, erhob Bali seine verzweifelten Augen und sprach erneut mit Seufzern und Schluchzern: "Nicht um mich trauere ich, oh König, sondern um Tara und die Freunde, die ich verlasse. Auch um den lieben Angad, meinen teuren Sohn, den edlen und einzigen. Denn in Luxus und Glück erzogen wird er seinen Vater beklagen und vermissen. Wie ein Strom, dessen Quelle vertrocknet ist, wird er dahinsiechen, niedersinken und sterben. Mein eigenes liebes Kind, mein einziger Junge, seiner Mutter Tara Hoffnung und Freude. Verschone ihn, oh Sohn des Raghu, verschone das Kind, daß ich deiner Sorge anvertraue. Behandle meinen Angad und Sugriva, wie es dein Herz für richtig erachtet. Denn du, oh Prinz der Menschen, bist stark, Rechtes zu beschützen und Falsches zu bestrafen. Oh, wenn du dein Ohr meinen sterbenden Worten leihen würdest, dann laß ihn und Sugriva wie Bharata und Lakshmana für dich sein. Laß meine nun verlassene Tara nicht wegen Sugrivas zorniger Verachtung weinen. Und laß ihn nicht ihre treue Unschuld verurteilen wegen des Vergehens ihres Herrn. Wenn deine liebe Gunst seine Macht stärkt, wird er gut und weise regieren. Möge er dir als Freund und Führer folgen und sich nicht von deinen Befehlen abwenden. Dann mag er in Pracht regieren und sich so seinen Weg in den Himmel gewinnen. Obwohl von Tara zärtlich zurückgerufen, sehnte ich mich wohl danach, von deiner lieben Hand zu fallen. Ich griff meinen Bruder an und focht, und gewann mir den Tod, den ich schon lange suchte."

Da beruhigte Rama den Prinzen, von dessen klaren Augen nun der Nebel verschwunden war: "Trauere nicht um jene, die du verläßt, und zittere nicht um dich oder uns. Denn wir werden mit dir und den deinen nach der Pflicht und den Gesetzen verfahren. Derjenige, der fordert, und der, der zahlt, wird rechtens erschlagen oder schlägt. Erfahre in deinen kommenden Leben Glückseligkeit, denn jeder hat seine Aufgabe hier getan. Obwohl du vom rechten Wege abkamst, wurdest du gereinigt durch die Buße, die du erlitten hast. Das Gewicht deiner Sünden ist verschwunden und die Forderung der Pflicht erfüllt. So trauere nicht mehr, oh Prinz, und entlaste deine Brust von Zweifel und Angst, denn du hast keine Macht, das unerbittlich strenge Schicksal zu bewegen oder abzuwenden. Dein prinzlicher Angad wird sich in meine zärtliche Liebe und Sugrivas Sorge teilen. Deinem Nachkommen soll alle Zuneigung gezeigt werden, als ob es die deine wäre."


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(1) Manu Buch 8.318: 'Doch Menschen, die ein Verbrechen begangen haben und dafür vom König rechtens bestraft wurden, gehen fehlerlos in den Himmel ein und werden so rein wie jene, die wohl getan haben.'