Pushpak Ramayana Buch 6Zurück WeiterNews

Kapitel 83 - Lakshmanas Trost

(Ausgewählte Ergänzungen aus Kapitel 83 der Übersetzung von M.N.Dutt: )

Nachdem der traurige Hanuman Rama und Lakshmana vom angeblichen Tode Sitas erzählt hatte, fiel Rama von Kummer überwältigt zu Boden.

Daraufhin umarmte Lakshmana den Rama und sprach von Sorge überwältigt zu ihm bedeutungsvolle und vernünftige Worte: "Uneigennützige Tugend kann dich vor Elend nicht bewahren, der du immer deine Sinne unterwarfst und dich an den guten Pfad hieltest. Die beweglichen (einsichtigen) und auch die unbeweglichen (uneinsichtigen) Wesen können die Tugend nicht direkt wahrnehmen, so wie sie das Glück wahrnehmen. Daher glaube ich, ist die Tugend nichts Greifbares. So, wie die Unbeweglichen, obwohl sie keine Achtung für jegliche Tugend haben, dennoch wie die Beweglichen glücklich sind, kann diese Tugend nicht zu (dauerhaftem) Glück führen. Denn wenn es so wäre, würde einer wie du niemals in Gefahr geraten. Und wenn Ungerechtigkeit den Wesen Unglück bringen würde, dann wäre Ravana in der Hölle und du, Tugendhafter, solltest kein Elend erfahren. Doch ich sehe, daß er frei von Gefahr ist und du nicht. Bei Gerechtigkeit und ihrem Gegenteil läßt sich oft eine ganz umgekehrte Tendenz finden, als ihnen in den Veden zugeschrieben wird. Wenn jemand durch die Mittel der Tugend zu Glück gelangt, dann sollte der Untugendhafte auch die rechten Früchte für seine Respektlosigkeit ernten. Und es sollten jene, welche ihr Gesicht gegen die Sünde wenden, die Früchte ihrer Gerechtigkeit nicht entbehren. Ja, es sollten die, welche auf dem Pfad der Tugend schreiten, auch die Früchte ihrer Frömmigkeit ernten.

Doch wenn Glück denen geschieht, die sich in Ungerechtigkeit ergehen, und die Gerechtigkeit Achtenden Kummer erfahren, haben Tugend und Laster nicht mehr den ihnen durch die Veden zugeschriebenen Sinn. Wenn, oh Raghava, angenommen wird, daß die Ungerechtigkeit das Böse abschneidet, was soll dann die Ungerechtigkeit, welche selbst durch die vernichtende Tat des Zerstörers geschlagen wurde, seinerseits noch vernichten? Es wird auch gesagt, wenn einer tötet oder von anderen durch Verfügung getötet wird, dann ist es das Schicksal, welches durch die sündige Tat berührt wird und nicht er. Oh Feindebezwinger, unfähig zu ausgleichender Gerechtigkeit, selbst nicht offenbar und nicht existent, wie könnte die Tugend, selbst wenn wir ihr die Existenz zugestehen, herausfinden, welche Person zu töten ist? Denn wenn sie existierte, oh du herausragend Guter, wäre dir nie Elend begegnet. Doch da du in solche Notlage kamst, gibt es so etwas wie Tugend nicht. Oder selbst schwach und hilflos, nimmt sie Zuflucht zur Männlichkeit. Und da sie für sich allein kraftlos und ohne Würde ist, meine ich, sollte man ihr keinesfalls folgen. Und wenn Tugend eine Eigenschaft von Männlichkeit ist, dann solltest du gründlich der (alleinigen) Tugend entsagen und ab jetzt der Stärke der Männlichkeit folgen, wie du bisher der Tugend folgtest. Und außerdem, du Bezwinger deiner Feinde, wenn Wahrheitsliebe Tugend ist, bist du dann nach dem Wortbruch noch daran gebunden, durch welchen der König (Dasaratha) sein Leben verlor (das Versprechen, Rama zu krönen)? Doch ob Tugend über allem praktiziert werden muß oder Heldenkraft den Vorrang hat? Hatte nicht der donnerschleudernde Indra sein Opfer zelebriert, nachdem er den Asketen erschlagen hatte(1)?

Oh Raghava, Tugend mit Hilfe von Heldenmut zerstört Feinde. Daher, oh Kakuthsta, wenn Menschen ihr Ziel erreichen wollen, nutzen sie sowohl Tugend als auch Stärke. Dies, Herr, ist meine Meinung. Und dies, oh Raghava, ist Tugend. Doch du, indem du auf dein Königreich verzichtetest, hast die Axt an die Wurzel der Gerechtigkeit gelegt. Wie die Bäche aus den Bergen strömen, springen alle Taten aus Reichtum. Sie fließen aus verschiedenen Regionen und erhalten Größe. Wie ein zusammengeschrumpfter Fluß im Sommer, werden alle Taten von törichten Personen, die vom Reichtum getrennt wurden, vernichtet. Derjenige, der seinem Vermögen innerhalb seiner Reichweite entsagte, und sich nach Vergnügen sehnt, wird von überwältigender Begierde davongetragen. Er versucht mit sündigen Taten an Vermögen zu kommen und lädt Schuld auf sich. Wer Reichtum hat, hat Freunde und Bekannte, ist eine Individualität in dieser Welt und eine gelehrte Persönlichkeit. Wer Reichtum hat, ist mächtig, klug, wohl bewaffnet und voller guter Eigenschaften. Alles, was ich aufgezählt habe, sind die Übel, wenn man dem Glück entsagt. Ich kann nicht sagen, was dich deinem Königreich entsagen und diesen Pfad einschlagen ließ. Wer Reichtum hat, den begleiten Tugend und Wünsche, und er hat alles, was vielversprechend ist. Wer keinen Reichtum hat und ihn sucht, kann sich nicht die Fülle von heldenhafter Stärke ohne Reichtümer und Wünsche sichern. Und, oh Herr der Menschen, Fröhlichkeit, Wünsche, Stolz, Frömmigkeit, Ärger, Selbstbeherrschung und Selbstkontrolle - all dies kommt von Reichtum.

Wie die Planeten an einem stürmischen Tag nicht entdeckt werden können, so ist dieser Wunsch nach Reichtum, welcher diese Welt selbst für Gerechtigkeit praktizierende Asketen wertlos macht, in dir nicht sichtbar. Oh Held, in dir wohnen die Worte deines Vaters, und du kamst in den Wald, wo deine Gemahlin, welche dir lieber ist als dein Leben, von einem Rakshasa geraubt wurde. Doch noch heute, oh Held, werde ich durch meine Taten diesen gewaltigen Kummer von uns nehmen, der uns von Indrajit aufgebürdet wurde. Daher, erhebe dich. Erhebe dich, oh Bester der Menschen, du Langarmiger, oh du Bewahrer deiner Gelübde. Warum begreifst du dich nicht als die Höchste Seele? Und, oh Sündenloser, um dein Wohl bemüht und in Zorn entflammt beim Hören des Mordes an der Tochter Janakas, werde ich heute mit meinen Pfeilen Lanka mitsamt seinen Wagen, Elefanten, Rossen und besten Rakshasas vollständig dem Erdboden gleichmachen."


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(1) Indra übte erst Gewalt gegen den Asketen Vishvarupa und gewann sich dann Verdienst.