Pushpak Ramayana Buch 6Zurück WeiterNews

Canto 32 - Sitas Klage

Und wieder flossen ihre Augen vor Tränen über, als sie auf das Haupt starrte, welches er ihr vorzeigte. Sie starrte auf den seit alters her berühmten Bogen, diesen glorreichen Bogen, den Rama trug. Sie starrte auf Wangen, Augen und Stirn ihres geliebten Gemahls, auf seine Lippen, den Glanz seines Haares und das unbezahlbare Juwel, welches dort schimmerte. Sie erkannte die Gesichtszüge ihres Herrn, und von Schmerz durchbohrt bei diesem Anblick, erhob sie ihre Stimme und rief: "Kaikeyi, bist du nun zufrieden? Alle deine Wünsche sind erfüllt, denn die Freude der Raghus ist gemordet, und die alte Linie wurde durch deine Hand ruiniert, du Zerstörerin. Oh welches Vergehen, du grausame Dame, welchen Makel konntest du dem Rama zuschreiben, da du ihn in Eremitenkleidung mit Sita in die Wildnis triebst?" Ein großes Zittern kam über ihre Gestalt, und sie fiel wie eine gefällte Platane zu Boden. Wie eine Tote lag sie da, doch schließlich und langsam kehrten ihr die Sinne und ihre Stärke wieder. Ihre Blicke fielen auf das liebe Haupt, und sie rief in bitterstem Aufschrei: "Weh, wenn ich deine kalte und tote Wange ansehe, mein Held, bin auch ich gemordet. Denn die Augen einer treuen Frau sehen nur Trauer, wenn ihr Gatte stirbt. Als du, mein Herr, der Rettung nahe warst, verabreichte dir eine heimliche Hand die tödliche Wunde.

Du bist nicht tot, erhebe dich, mein Held, wach auf. Dir war ein langes Leben bestimmt, und ich glaube, daß die Worte, welche die Weisen sprechen, immer wahr sind, denn das Schicksal liegt ihren Blicken offen. Weh Herr, soll sich dein Kopf an der Brust der kalten Erde zur Ruhe begeben und mich zurücklassen? Gilt dir ihr fröstelnder Schoß viel mehr als ich und meine Zärtlichkeiten? Weh, ist dies der berühmte goldene Bogen, den meine Augen anschauen, um den ich einst liebliche Girlanden wand, welche meine Hände gebunden hatten? Hast du dir im Himmel einen Platz gesucht inmitten der Gründerväter deines Geschlechts, dort, wo im wohlverdienten Heim deine Ahnen und Dasaratha leben? Oder scheinst du als heller Stern in den Himmeln, wo die gesegneten Unsterblichen sind? Und läßt hier in hoher Verachtung deine Familie zurück, in der deine Väter geboren wurden? Schau mich an, oh wende deine Augen zu mir. Warum sind deine kalten Lippen stumm? Als wir uns das erste mal trafen, als Jüngling und Maid, und deine Hand in meine gelegt wurde, versprachst du mir, daß du deine Schritte durchs Leben immer auf dem Pfad der Tugend und mit mir nehmen würdest. Erinnere dich an deinen Eid, sei ihm treu, und nimm mich mit, auch jetzt. Ist dies die breite Brust, an der ich hing, dies der Nacken, an den ich mich zärtlich schmiegte? An dem blumige Girlanden ihren Duft ausatmeten und der nun von ausgehungerten Hunden und Geiern zerrissen ist? Sollen keine Begräbnisehren den verstorbenen Herrn der Raghus zieren, dessen Freigebigkeit großzügigen Lohn denen verlieh, für welche die Opferfeuer glühen? Kausalya wird außer sich vor Kummer nur einen einzigen der Drei wiedersehen, die in Eremitenkleidung in die dunklen Wälder in die Verbannung zogen. Auf ihren Schrei hin wird ihr Lakshmana erzählen, wie die Vanars in der Nacht ermordet wurden, und wie die Giganten sich kriechend heranschlichen und den Helden erschlugen, als er schlief. Die Königin wird dein Schicksal und das meine erfahren und mit gebrochenem Herzen an ihrem Leid sterben. Um mein unwürdiges Wohl, wegen mir, ward Rama niedrig und gemein in einer Pfütze umgebracht. Rama, der einen Weg über den Ozean fand. Oh Rama, die Zierde seiner Linie. Und ich, die unwürdige Gattin, die er heiratete, brachte diese Zerstörung über sein Haupt. Töte auch mich, Ravana, töte mich und lege die Ehefrau neben ihren Gatten. Laß mich an seinem lieben Körper ruhen, Wange an Wange und Brust an Brust. Dann werde ich meine glücklichen Augen schließen und Rama folgen, wohin er auch geht."

So rief die elende Dame, als ein Wächter zum König trat, sich tief vor ihm verbeugte und sprach, daß, von einer Menge von Beratern und Herren des Staates gefolgt, Prahasta vor dem Tore stünde und von tiefer Sorge bewegt um Audienz bei seinem Meister bat. Der besorgte Tyrann verließ seinen Sitz und eilte davon, um seinen Heeresführer zu treffen. Dann rief er alle Edlen zusammen und beratschlagte sich mit ihnen in der königlichen Halle. Nachdem Lankas Herr die Königin verlassen hatte, waren Kopf und Bogen nicht mehr zu sehen. Der Gigantenkönig schaute auf seine Adligen und rief so schrecklich wie Yama: "Oh treue Lords, die Zeit ist gekommen. Ruft unsere Heere zusammen mit Trommelschlägen. Der Feind rückt nahe an die Stadt heran, seid besonnen und handelt angemessen." Die Edlen hörten und gehorchten. Schnell waren die versammelten Truppen in Aufstellung gebracht, und zahllose Wanderer der Nacht standen bereit und brannten auf die Stunde der Bewährung.


Zurück Inhaltsverzeichnis Weiter