Pushpak Ramayana Buch 6Zurück WeiterNews

Canto 18 - Die Rede des Rama

Da ward Ramas wachsender Zweifel gestillt und freundliche Gedanken erfüllten seine Brust. Tief mit den Traditionen der Schriften verbunden sprach er: "Den demütig Bittenden werde ich niemals im Stich lassen und nicht meine schützende Hilfe verweigern, wenn jemand im Namen der Freundschaft fleht. Es mögen Schuld und Torheit seinen Ruhm beflecken, doch Mitgefühl und Hilfe mag er einfordern." Er schwieg. Sugriva beugte sein Haupt, dachte eine Weile nach und sagte: "Seien seine vergangenen Schulden nur wenige oder viele, was denkt ihr über einen Rakshasa, der, wenn die drohenden Wolken der Gefahr aufziehen, von der Seite seines Bruders desertiert und flieht? Sagt, Vanars, wer mag hoffen, wahre Freundschaft in dieser treulosen Art zu finden?" Der Sohn des Raghu hörte ihm zu, warf einen flüchtigen Blick auf die Vanar Anführer, und während um seine Lippen ein Lächeln spielte, wandte er sich an Lakshmana und gab den seine edle Brust bewegenden Worten Ausdruck: "Wohl bewandert in den Schriften, weise und das Alter rechtens verehrend ist er, der mit reichem Vorrat an langer Erfahrung rät wie dieser Vanar Herr. Doch hier liegt für das suchende Auge, so denke ich, eine tiefere und subtilere Bedeutung vor. Dir und aller Welt sind die Gefahren eines Monarchen Thrones bekannt, wo Feinde und Fremde, Familie und Freunde im Vertrauen auf sein Unglück Gewinn suchen. Die Hoffnung auf solchen Vorteil führte Vibhishan zur Flucht über die See. Er möchte anstelle seines Bruders regieren und sucht nun ein Bündnis mit uns zu gewinnen. Und wir mögen dieses Angebot eines Fremden von einer fremden Rasse willkommen heißen. Doch wenn er als Feind und Spion kommt, welche Kraft hat er, mit einem Angriff seine nahe Absicht zu fördern? Was ist seine Kraft im Vergleich mit meiner? Wie könnte ich, Vanar König, die große und universale Pflicht vergessen, immer jenen zu helfen und die willkommen zu heißen, die um Zuflucht bitten, mögen es Freunde oder Feinde sein? Hast du nicht vom unsterblichen Preis gehört, welchen der Täuberich einst gewann, als er seine Furcht und seinen Haß besiegte und den Schlächter seiner Gemahlin, den müden Vogelfänger, mit einem Mahl aus seinem eigenen Fleisch willkommen hieß? Nun, Vanar König, hör mich wiedergeben, was Kandu in uralten Versen sprach, der Sohn des Heiligen Kanva, der die Wahrheit liebte und von Jugend an der Tugend zugetan war: 'Schlage nicht den Bittenden, wenn er mit flehenden Händen dich nach Zuflucht fragt. Schlage ihn nicht, auch wenn es der Todfeind deines Vaters wäre. Nein, gib ihm die Zuflucht, die er sucht, sei er stolz oder bescheiden und rette deinen Feind in verzweifelter Not, auch wenn die Tat dein Leben kostet.'(1)

Soll ich nun also den armen Teufel rufen hören und meine schützende Hilfe versagen? Soll ich ein demütiges Gebet zurückweisen und Himmel und Ruhm auf niedere Art verlieren? Nein, ich werde um der Ehre willen handeln, wie es der heilige Kandu sprach, werde den Namen eines Helden vor Makel bewahren und Glückseligkeit im Himmel nebst Ruhm gewinnen. Durch einen feierlichen Eid gebunden gelobte ich, daß alle jene meine rettende Hilfe teilen sollen, die mich in der Not aufsuchen und rufen: 'Du bist meine Hoffnung und niemand sonst.' Also geh, ich bitte dich, Vanar König, und führe Vibhishan vor mein Antlitz. Ja, wäre es Ravana selbst, mein Eid verbietet mir, ihn nun zurückzuweisen." Er verstummte, der Vanar König willigte ein, und Rama bewegte sich auf Vibhishan zu. So verläßt Lord Indra seinen himmlischen Sitz, um einen göttlichen Bruder zu grüßen.


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(1) Kandu ist ein Musterbeispiel an kindlich reinem Gehorsam. Es heißt, daß er auf Geheiß seines Vaters eine Kuh tötete.