Pushpak Ramayana Buch 6Zurück WeiterNews

Canto 10 - Vibhishans Ratschlag

Sobald das Licht des Morgens anbrach, erhob sich Vibhishan von seinem Schlummer und, während die Pflicht jeden seiner Gedanken lenkte, suchte er den Palast seines Bruders auf. Hoch wie ein turmhoher Berg, der seine Gipfel schon von Ferne zeigt, erhob sich der Palast. Es standen hier innerhalb der Tore des Monarchen edle Weise, welche geübt in der Debatte waren, und dort schweifte das königliche Gefolge in glitzernde Roben gehüllt durch die Höfe. In ungestümen Rhythmen schwoll und sank die Musik von Trommeln und Muschelhörnern. Die Gespräche wurden lauter, und viele Damen mit den schönsten Gesichtszügen kamen und gingen durch Türen, welche Wunder waren mit all den Perlen und Einlagen von brennendem Gold. Hier würden sich Gandharvas oder die flinken Herren des Sturmes voller Freude treffen. Er trat in das wunderbare Gebäude ein, Prinz und Zierde der Inselgiganten. So läßt eine Herbstwolke die Sonne ein, bevor ihr feuriger Kurs beendet ist. Er hörte vielversprechende Stimmen in lauter Übereinstimmung Loblieder singen, und Weise besangen, in die Schriften vertieft, jeden glorreichen Triumph des Königs. Er blickte auf die Priester in einer Reihe mit Kordel und Öl in jeder heiligen Hand, und neben ihnen lagen Blumen und Korn als rechte Opfergaben für den heiligen Zug.

Vibhishan verbeugte sich vor dem Monarchen, der erhöht auf einem Thron oberhalb der Menge saß, und dann, geübt in den Künsten der sanften Rede, erhob er seine Stimme, um den König zu segnen. Dann setzte er sich auf einen Platz, um in voller Sichtweite seines Bruders zu sein. Dort sprach der Prinz, während es niemand sonst hören konnte, seine treue Rede für Ravanas Ohren. Und zu seinen Worten der Weisheit gesellte sich die Kraft der schwersten Argumente: "Oh Bruder, höre! Seit Ramas Königin in deinem Haus eine Gefangene ist, trafen Tag für Tag verheerende Omen mit heftiger Bestürzung unsere Seelen. Die Flammen des Opfers erscheinen nicht länger ruhig, stark und klar. Mit seltenen Funken ersticken sie ruhelos unter Wolken von Rauch und sind dunkel und schwach. Unsere sorgenden Priester erbleichen, wenn sie sehen, wie ihre gewünschten Opfer versagen, während Ameisen und Schlangen durch die geweihte Halle kriechen(1). Die Euter unserer Kühe sind ausgetrocknet, und die Elefanten haben saftlose Schläfen(2). Nicht die süßeste Weide kann das lange und unruhige Wiehern der Rosse dämpfen. Von den Augen der Maultiere und Kamele fließen große Tränen, und ihr starrendes Fell zeigt ihre Verstörtheit. Auch die Kunst der Ärzte kann ihre Gesundheit und Kraft nicht wiederherstellen. Die Raubvögel sind ungestüm und mutig. Es sind keine vereinzelten Jäger mehr wie zuvor. In vereinten Banden jagen sie ihre Beute oder versammeln sich an unseren Tempeln. In den Stunden des Zwielichtes schleichen heulende und kreischende Schakale um die Stadt, und Wölfe und stinkende Hyänen warten blutdurstig an jedem Tor.

Eine einzige Sühne kann diese Übel immer noch heilen und unser Wohl sichern. Gib die Maithili Dame zurück und gewinne dir Vergebung für deine Sünde." Der Rakshasa Monarch hörte, und zu plötzlichem Zorn bewegt tadelte er seine Rede: "Ich kann keine Gefahr sehen, Bruder, und werde die Maithili Dame nicht frei geben. Auch wenn alle Götter für Rama kämpfen muß er sich doch meiner überragenden Macht ergeben." So sprach der gewaltige König, der einst die Reihen der himmlischen Krieger durchbrach, und ernsthaft entschlossen, sich zu widersetzen, entließ er seinen Bruder aus der Halle.


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(1) die Opferhalle, in der das Feuer gehütet wird
(2) Dieser jahreszeitlich auftretende Saft der männlichen Elefanten ist ein Zeichen für Gesundheit und männliche Stärke.