Pushpak Ramayana Buch 4Zurück WeiterNews

Canto 58 - Kunde von Sita

Mitleidsvolle Tränen benetzten seine Augen, als der Vogel erneut zur Rede ansetzte: "Ach, mein Bruder im Kampf durch Ravanas unwiderstehliche Macht getötet. Und mir, alt, ohne Schwingen, schwach und matt, bleibt nur die Trauer über sein trauriges Schicksal. Meine Jugend ist verflogen. In des Lebens Neige ist meine ursprüngliche Kraft Vergangenheit. Einst, an einem der Tage, an dem Vritra(1) von Indra verdrängt wurde, suchten wir Brüder in ehrgeizigem Stolz und mit abenteuerlichem Flug den lichtumkränzten Tagesgott auf. Weiter und immer weiter flogen wir hinauf, wo ätherische Felder sich um uns lagerten, bis, von glühender Hitze gepackt, die Flügel meines Bruders erlahmten und erschlafften. Ich bemerkte seine schwindende Kraft und spreizte meine stärkeren Flügel, um seinen Kopf zu beschirmen, bis alle meine Federn verbrannt waren und ich auf Vindhyas Berge zurückfiel und dort liegenblieb. Hier, in meinem einsamen und hilflosen Zustand, hörte ich nichts von meines Bruders Schicksal."

So sprach König Sampati und seufzte. Und der königliche Angad erwiderte: "Nun, Bruder von Jatayu, nachdem du die Geschichte gehört hast, die ich dir erzählte, leiste meinem ernsten Gebet Folge und erkläre uns den Aufenthaltsort des Unholdes. Oh sage uns, wo der verfluchte Ravana lebt, den Narrheit in den Tod zwingt." Er verstummte. Als Sampati dann zu sprechen begann, erhob sich Hoffnung in jeder Brust: "Obwohl ich meine Schwingen und meine Stärke verlor, sollen meine Worte doch dem Rama helfen. Ich kenne die Welten, in denen Vishnu verkehrte, ich kenne die Regionen des Meeresgottes, weiß, wie die Asuras mit ihren himmlischen Feinden kämpften und sich das aufgewühlte Amrit erhob. Nun liegt eine mächtige Aufgabe vor mir, um Ramas Unternehmen zu nützen. Eine Aufgabe, viel zu schwer für einen, den die Länge seiner Tage aller Stärke beraubt hat. Ich sah den grausamen Ravana, wie er eine zarte Dame durch die Lüfte trug, frisch, jung, mit leuchtender Gestalt und glitzernden Juwelen. Die Dame rief: 'Oh Rama, Rama!' und schrie voller Angst auch Lakshmanas Namen, während sie strampelnd im Griff des Giganten ihren Putz an Diamanten und Gold fallen ließ. Wie das Sonnenlicht auf einem Berg strahlten die seidenen Kleider, die sie trug, und glänzten über seinem dunklen Körper wie leuchtende Blitze durch den Sturm. Dieser Gigant Ravana, seit alters her berühmt, ist der Bruder vom Gott des Goldes (Kuvera). Der südliche Ozean brüllt und wogt um Lanka, wo der Räuber in seiner schönen, edel geplanten und von Visvakarmas (der himmlische Architekt) Hand erbauten Stadt lebt. In seinen sicher verriegelten Gemächern liegt Sita, von Monstern als Wächtern umgeben, immer noch in ihre seidene Kleidung gehüllt, und ihr Herz ist traurig. Dreihundert Meilen weit müßt ihr euren Weg jenseits dieses Meeresufers fortsetzen. Geht immer weiter nach Süden, und dort werdet ihr den Giganten Ravana erblicken. Also auf, oh Vanars, auf und davon! Denn mit meinem himmlischen Wissen sage ich, dort werdet ihr der Dame Antlitz schauen. So richtet eure Schritte dorthin.

Nun, vom ersten Bereich der Luft werden die Tauben und Vögel getragen, die sich von Körnern ernähren. Der zweite Bereich trägt die Krähen und Vögel, deren Nahrung an Zweigen wächst. Entlang des dritten Bereiches segeln im ausgewogenen Flug die kühnen Seeadler und die Drachen. Durch den Vierten eilt schnell der Falke und durch den Fünften die langsameren Schwingen der Geier. Bis zum Sechsten erhebt sich der schöne Schwan, wo auch der königliche Vainateya (= Sohn der Vinata, Garuda) fliegt. Auch wir, das Geiergeschlecht, oh ihr Noblen, können unsere Linie auf Vinata zurückführen. Doch wir sind verdammt, uns von Blut und Fleisch zu ernähren, denn wir begingen eine Tat der Schande. Doch all die wunderbaren Kräfte Suparnas (=der Wohlbeflügelte, Garuda) und die Gabe der scharfen Sicht sind auch unser, damit wir dreihundert Meilen weit durch die Bereiche der Luft unsere Beute erspähen können. Von hier aus kann mein scharfes Auge Ravana und die Dame sehen. Ersinnt einen Plan, um die Barriere dieser salzigen Tiefe zu überqueren. Findet die Videha Dame dort und kehrt freudig nach Hause zurück. Und führt auch mich, ihr Vanars, an den Strand von Varunas Heim, dem Ozean, damit ich dem Schatten meines großherzigen Bruders die rechten Opfer darbringen kann."


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(1) der Verstecker, Hinderer - Name für den bösen Einfluß oder Dämon der Dunkelheit und Dürre, der die Wolken beherrscht und sie nicht regnen läßt. Indra ist die Gegenkraft dieses schlimmen Einflusses. Mit seinem Donner zerstört er die Wolkenburgen und läßt es regnen.