Pushpak Ramayana Buch 4Zurück WeiterNews

Canto 15 - Tara

Donnernd krachte der Schrei, der das Land mit Furcht erschütterte, in Balis Ohr, während der Monarch in der verriegelten und verschlossenen Kammer mit seiner Dame ruhte. Jeder verliebte Gedanke ward grob zerstört, und Stolz und Rage füllten seine Brust. Seine ärgerlichen Augen blitzten dunkelrot auf, und all seine natürliche Heiterkeit verging, genau wie der Glanz der Sonne durch eine plötzliche Finsternis verschwindet. Während er unkontrolliert vor Zorn mit den Zähnen knirschte und mit den Augäpfeln rollte, schien er wie ein See zu sein, indem keine Blütenjuwelen die nackten Lotusstengel schmückten. Er lauschte, und mit entrüstetem Stolz rannte der Vanar aus der Kammer. Die Erde zitterte von den Schlägen und vom Zorn seiner hastigen Schritte.

Doch Tara eilte zu ihrem Gemahl und schlang ihre liebenden Arme um ihn. Zitternd und aufgewühlt gab sie ihm folgenden weisen Ratschlag, daß er heilen und retten möge: "Mein lieber Herr, zügele die Wut, die wie ein Strom deine Seele überschwemmt, und wirf diese nutzlosen Gedanken ab wie verwelkte Kränze von gestern. Oh warte bis zum Morgenlicht. Und wenn du dann noch willst, geh fort und kämpfe. Oh denke nicht, daß ich an deinem Heldenmut zweifle oder dich schwächer einschätze als deinen Feind. Oh nein. Ich möchte dich nur eine Weile aufhalten und dich auf keinen Fall den Kampf heute wagen lassen. Denn höre, mein geliebter Herr, und erfahre von mir den Grund, warum ich dich bitte umzukehren.

Dein Feind kam in Zorn und Stolz und forderte dich zum tödlichen Kampf heraus. Du stürmtest hinaus, er focht und floh schwer verwundet und verstört. Doch nun, unbelehrt durch die letzte Niederlage, kommt er erneut, seinen siegreichen Feind zu treffen und ruft dich mit Geschrei und Gebrüll heraus. Und das ist der Grund für meine Furcht und meinen Zweifel, mein Herr. Ein so tapferes Herz, daß sich nicht ergeben will und danach lechzt, zu dieser hoffnungslosen Schlacht herauszufordern, und solch lauter, drängender Trotz können nicht auf unsicherer Hoffnung beruhen. Erst kürzlich von deinem Arm besiegt kommt er nicht allein zurück, so glaube ich. Irgendein mächtigerer Gefährte ist schützend an seiner Seite und treibt ihn zu diesem Ausbruch an Stolz. Denn die Natur machte den Vanar weise. Seine Hoffnung vertraut auf Arme mit Macht. Und niemals wird sich Sugriva einen Freund suchen, dessen Kraft zu schwach ist, um zu retten.

Nun höre, während meine Lippen die wunderliche Geschichte entfalten, die mir mein Angad erzählte. Unser Kind suchte die fernen Wälder auf und, von Spionen belehrt, brachte er diese Neuigkeiten: Zwei tapfere und junge Söhne des Dasaratha, die vom alten Ikshvaku abstammen und im Kriege unbesiegt und berühmt für ihre Waffenkunst sind, haben mit deinem Feind Sugriva ein Bündnis der Liebe und freundschaftlichen Hilfe geschlossen. Sie heißen Rama und Lakshmana. Rama, für seine Großtaten berühmt, ist deinem Bruder ein fester Verbündeter, und wie das Feuer des Schicksals(1) alles zerstört, bringt er jeden Feind zu Fall. Er ist die sichere Zuflucht aller Bittenden und der Baum, der die Unschuld beschützt. Die Armen und Elenden suchen seine Füße und treffen in ihm auf die edelste Zierde. Mit großen Fähigkeiten und tiefem Wissen liebt er es, seines Herrn Befehle auszuführen. Er ist mit prinzlichen Gaben und Anmut reichlich versehen, wie die Metalle den Herrn der Berge einhüllen (Himalaya). Oh mein Held, du kannst nicht vor Ramas Macht bestehen. Denn niemand ist seinen Kräften ebenbürtig oder kann es wagen, sich mit ihm in kriegerischen Heldentaten zu vergleichen.

Höre auf meine Worte, ich flehe dich an, und wende dich nicht geringschätzig von meiner Rede ab. Oh laß die Zwietracht unter Brüdern aufhören und verbinde dich in Banden des Friedens. Laß in Weiheriten den Sugriva zum Partner deiner Herrschaft werden. Laß Krieg und die Gedanken an den Konflikt fahren, und sei sein und Ramas Freund. Beginne mit der sanften Annäherung der Liebe und gewinne deiner Seele den Bruder. Denn ob er hier oder dort sein mag, er ist doch immer dein Bruder, lieber Herr. Auch wenn ich meine Augen angestrengt und in die Ferne schweifen lasse, einen Freund wie ihn suche ich vergebens. Laß sanfte Worte sein Herz geneigt werden und gewinne ihn dir mit Geschenken und Ehren, bis ihr, keine Feinde mehr, in Liebe vereint als Brüder Seite an Seite steht: du in deinem hohem Range und Sugriva, ihr seid aus dem gleichen schweren Holz geschnitzt. So komm, und gewinne die Liebe deines Bruders zurück, denn andere Hilfe ist schwach und vergebens. Wenn du meine Seele befrieden und mich weiterhin vor Angst und allem Bösen beschützen willst, dann bitte ich dich bei deiner Liebe, sei weise und tue, wie ich dir rate. Lindere deinen fruchtlosen Zorn und vermeide die stärkeren Arme von Raghus Sohn. Denn in Macht ist er Indra ebenbürtig und damit ein Feind, der zu stark für dich ist, mein Herr."


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(1) Die Feuersbrunst, welche die Welt am Ende eines Zeitalters vernichtet.