Pushpak Ramayana Buch 3Zurück WeiterNews

Canto 65 - Ramas Zorn

Mit leidender Stimme und von Kummer gezeichnet, erneuerte Rama seine Rede: "Wende deine Schritte schnell der hellen Godavari zu, mein Bruder, und sieh dort nach, ob Sita zum Fluß gelaufen ist, um die Blumen am Ufer zu pflücken." Den Worten gehorsam eilte sein Bruder zum Fluß. Dort suchte er die abschüssigen Ufer vergebens ab und kehrte zu Rama zurück: "Ich suchte, doch fand sie nicht." rief er, "Laut rief ich, doch niemand antwortete. Wo kann die Maithili Dame sein, deren Anblick unsere Sorgen hinwegfegen würde? Ich weiß nicht, wo Sita mit der zierlichen Taille ist und kann ihre Spur nicht finden." Als Rama die Worte hörte, die er sprach, sank er erneut unter dem Schlag zusammen, und mit ängstlicher Brust machte er sich selbst auf den Weg zum Fluß. Dort stand er am Uferhang und rief: "Sita, wo bist du?"

Keines Geistes Stimme gab Antwort, kein Murmeln erklang von der zitternden Welle der lieblichen Godavari und erklärte die Greueltat, die der Unhold gewagt hatte. "Oh sprich!" riefen die mitleidvollen Geister, doch kalt und stumm verweigerte sich die Welle ihrer Bitte, denn sie wagte nicht, dem traurigen Prinzen das Schicksal seines Lieblings zu erzählen. Sie dachte an Ravanas schreckliche Gestalt und an die böse Tat, die sein Arm gewirkt, und von Furcht gebannt hielt sie die Geschichte zurück, um die der Klagende bat. Als da keine Hoffnung war, die sein Herz erfreuen konnte, und der helle Strom seinen Ruf nicht hören wollte, während Sorge um seinen Liebling seine verlangende Seele zerriß, da sprach er noch einmal: "Obwohl ich mit Tränen und Seufzern kam, erwidert die Godavari kein Wort. Oh sag, welche Antwort kann ich Janak, dem Vater meiner Dame wohl geben? Oder wie vor ihrer Mutter stehen und Sita nicht an meiner Hand mit mir führen? Wo ist meine ergebene Liebste, die mit ihrem Herrn in die Verbannung ging? Edel bewahrte sie ihre Treue zu mir, obwohl wir von Reich und Heimat vertrieben wurden. Sie folgte mir unermüdlich, einem Eremiten, der sich von Waldesfrucht ernährt, und stillte meine Sorgen. Aller Freunde bin ich beraubt, und auch meine treue Gemahlin ist fort. Wie langsam werden die Nächte dahinkriechen, wenn ich trostlos wache und weine. Oh, wenn meine Frau gefunden wird, dann wandere ich in demütiger Liebe um Janasthan, den Berg Prasvaran und die entzückende Mandakini. Sieh, wie die Rehe mit sanften Augen mitfühlend auf mein Gesicht schauen. Ich kenne den weichen Ausdruck, jedes würde mich mit Worten trösten, wenn sie könnten."

Eine Weile betrachtete er die scheue Schar. Und "Wo ist Sita?" rufend brach er in heiße Tränen aus. Voller Mitgefühl für sein Leid beachteten die Rehe seine Bitten und erhoben sich. Sie standen an seiner Rechten und erhoben ihre traurigen Augen gen Himmel. Alle starrten in die Richtung, in die Ravana mit seiner Gefangenen entflohen war. Dann blickten sie wieder auf Raghus Sohn und nahmen ihren Weg zu diesem Punkt. Lakshmana beobachtete ihre absichtsvollen Blicke, als sie klagend ihrer Wege gingen. Er erkannte jedes Zeichen, das seine Sinne zwar stumm, doch voller Ausdruck traf. Erneut erwachte die aufmerksame Sorge in ihm, und er sprach zu seinem prinzlichen Bruder: "Diese Rehe hörten deine drängende Frage und erhoben sich alle auf einmal von Mitgefühl bewegt. Schau, sie helfen dir in deiner Suche. Sieh nur, sie blicken alle nach Süden. Erhebe dich, lieber Bruder, laß uns dorthin gehen, wohin uns ihre eifrigen Blicke führen. Mögen glückliche Zeichen oder zu entdeckende Spuren unsere Schritte bei der Suche führen." Der Sohn des Raghu gab seine Zustimmung, und schnell wandten sie sich gen Süden. Er untersuchte mit aufmerksamen Augen den Boden, und Lakshmana folgte dicht auf. Sie teilten sich ihre Gedanken mit und ließen ihre ängstlichen Blicke schweifen, als vor ihnen auf dem Weg die zertretenen Blumen einer zerfallenen Girlande lagen. Als Rama den Blumenregen erblickte, sprach er erneut mit bitterstem Schmerz: "Oh Lakshmana, ich erkenne jede hier am Boden liegende Blume. Ich pflückte sie im Wäldchen, und dort flocht sie sich mein Liebling ins Haar. Sonne, Erde und die freundliche Brise haben sie aufgespart, um meine Seele zu erheitern."

Da betete er zum waldigen Hügel, wo in der Ferne die wilden Wasserfälle aufblitzten: "O Bester der Berge, hast du die Dame mit der vollkommenen Figur und dem perfekten Antlitz an einem lieblichen, von Bäumen überschatteten Ort gesehen? Meinen Liebling, den ich allein ließ?" Doch dann, wie ein Löwe dem Hirsch Angst einflößt, donnerte er mit furchtbarer Stimme: "Enthülle sie, Berg, meinem Blick mit goldenen Gliedern und goldener Haut. Wo ist mein Liebling Sita? Sprich, bevor ich dich von der Spitze an zerspalte!" Der Berg schien ihre Spur zu zeigen, doch erzählte er nicht alles, was er zu wissen begehrte. Da erneuerte Dasarathas Sohn seine Forderung, als er den Berg anschaute: "Wenn meine flammenden Pfeile fliegen, sollst du zu Asche verbrannt werden, und weder Kraut noch Knospe, weder Baum noch irgendein Vogel sollen dann noch länger auf dir leben. Und wenn dieser Strom sich meinem Gebet verweigert, dann soll mein Zorn noch heute seine Fluten vertrocknen, weil er mir nicht hilft, meinen Liebling mit dem Lotusgesicht aufzuspüren." So sprach Rama, als ob sein Zorn alles mit seinem feurigen Blick versengen würde.

Dann suchte er weiter auf dem Boden und fand den Fußabdruck eines Dämonen. Und leichte Spuren hier und da, wo Sita in ihrer großen Verzweiflung vor dem Gang des mächtigen Unholdes geflohen war und nach Ramas Hilfe geschrien hatte. Sein achtsames Auge untersuchte jede Spur, die Sita und der Unhold hinterlassen hatte. Er fand den Köcher, den zerbrochenen Bogen und den ruinierten Wagen des Feindes und erzählte seinem prinzlichen Bruder die Neuigkeiten, von Angst und Kummer verstört: "Oh Lakshman," rief er, "schau hier, die verlorenen Goldohrringe meiner Sita. Hier liegt die zerrissene Girlande und all die anderen glitzernden Ornamente. Oh schau, der Boden ist von allen Seiten mit blutartigen Tropfen von Gold eingefärbt. Die Dämonen, die jede seltsame Verkleidung tragen, haben bestimmt den hilflosen Preis gestohlen. Von ihren Händen besiegt, ist meine Dame gewiß geschlachtet, zerteilt und verschlungen. Ich denke, es kamen zwei fürchterliche Hünen und führten eine gräßliche Schlacht um die Dame. Wem war dieser mächtige Bogen, Lakshmana, mit Perlen und Juwelen in glitzernder Reihe, der nun in Teile zerschellt auf dem Boden liegt und immer noch das Auge verzaubert mit seinem Glanz? Ein so mächtiger Bogen war sicherlich für einen himmlischen Gott oder eine Dämonenhand gedacht. Wem gehörte diese goldene Rüstung, die, obwohl ihr Schein nun blaß sein mag, doch einmal wie die Morgensonne glänzte und erhellt wurde von Zierknöpfen aus strahlendem Lapislazuli? Wem war der blütenbekränzte Sonnenschirm, der nun alle seine hundert Speichen entblößt? Dieser Schirm ist einer königlichen Stirn höchst angemessen und liegt nun mit zerbrochenem Stiel unnütz herum. Schau diese hochbeinigen Esel mit den Koboldgesichtern, die mit goldenen Brustplatten geschmückt sind und deren scheußliche Gestalt mit Blut verschmiert ist. Wer war ihr Herr, dessen Joch sie trugen? Wem gehörte dieser zerlöcherte und zerbrochene Streitwagen, der seinen flammengleichen Blitz schon von weitem aussendet? Wer gebrauchte diese zufällig ausgebreiteten Pfeile, ein jeder mit furchtbarer Eisenspitze und goldener Fassung schön anzusehen, so lang wie die Achse eines Wagens? Sieh diesen entzweigerissenen Köcher, der immer noch seine Bündel von Pfeilen hält. Wer war der Wagenlenker? Tot und kalt hält seine Hand immer noch Peitsche und Zügel. Schau Lakshmana, hier sehe ich den Fußabdruck eines Mannes, nein, eines Giganten. Der Haß, den ich seit langem gegen die Dämonen nähre, die ihre Gestalt durch magische Kunst verändern können, wächst nun ins Hundertfache. Erschlagen, verschlungen von dämonischer Gier oder gestohlen ist die Jüngerin, auch konnte ihre Tugend ihr keinen Schutz gewähren, denn Sita ist ergriffen und davon geschleppt. Oh, wenn meine Liebe erschlagen oder verloren ist, dann sind für mich alle Hoffnungen auf Glück durchkreuzt. Alle Macht der Welt wäre vergebens, mir die eine Freude zu bereiten, die meinen Schmerz lindern könnte.

Die Geister mit erblindeten Augen schauen verwundert auf den Herrn, der die Welt erschuf, den großen Schöpfer, und verschmähen ihn, weil er mitfühlend ist. Und so denke ich, daß die Unsterblichen gerade ihre kalten Blicke auf mich richten und prompt den Schwächling von sich stoßen, der sich um Mitgefühl bemüht und allem Guten zugetan ist. Doch von heute an wirst du mich verändert finden und von jeder sanften Gunst entfremdet. Nun ist es an mir, alles Leben zu vernichten und mit diesen verfluchten Dämonen aufzuräumen. Wie die große Sonne in den Himmel steigt und die kalten Mondstrahlen schwinden und sterben, so steigt Rache in meiner Brust auf, eine Leidenschaft, die alles andere besiegt. Die Gandharvas an ihrem strahlenden Ort, die Yakshas und das Dämonengeschlecht, auch Kinnaras und alle Menschen sollen vergebens nach Freude Ausschau halten, denn sie sollen nie wieder welche erfahren. Der Zorn meiner großen Verzweiflung erfüllt Himmel und Luft, oh Lakshmana, und im Zorn werde ich alles Leben innerhalb der drei Welten noch heute vernichten, wenn nicht die Götter, die im Himmel leben, mir meine Sita sicher und wohlauf wiederbringen. Ich bin mit allen Waffen des Schicksals bewaffnet und werde die dreifachen Welten verwüsten. Die verstörten Sterne sollen vom Himmel fallen, der Mond in düstere Wolken gehüllt, die Feuer erlöschen und der Wind zum Stillstand gebracht werden. Die strahlende Sonne soll dunkel und kalt, der hohe Stolz eines jeden Berges zertrümmert und jeder See und Fluß ausgetrocknet werden. Tot ist dann jede Pflanze, jeder Baum und die mächtige See ganz sicher verloren. Du sollst die Welt an diesem Tage in wilder Unordnung erblicken, wo nichts das sterbende Leben vor den furchtbaren Stürmen verteidigt, die meine Bogensehne absendet. Um Sitas Willen sollen meine Pfeile heute das Leben jedes Unholdes nehmen. Die Götter sollen die Kraft sehen, die meine Pfeile auf ihrem Kurs fliegen läßt, und erkennen, wie weit der Kurs trägt, zu dem mich mein unermeßlicher Zorn zwingt. Kein Gott, und auch kein Dämon vom Geschlecht der Daityas, weder Kobold noch Rakshasa soll übrigbleiben. Mein Zorn wird die Welten enden, und alle Götter und Dämonen fallen mit ihnen. Jede Welt, in der die Götter oder die Danavas leben, soll unter meinen Pfeilen fallen, wenn ich wütend meinen Bogen spanne. Diese Pfeile, die sich von der Sehne lösen, werden Verwirrung in die Welten bringen, wenn Sita verloren ist oder nicht mehr atmet, oder die Götter meine Liebe nicht wiederbringen. Somit widme ich heute alles auf Erden, das lebt und atmet, dem Tode, und bis sie mir meinen Liebling zeigen, werden sie die Raserei meiner Pfeile spüren." Als er solcherart von Zorn getrieben sprach, röteten sich seine Augen und die furchtbaren Lippen schwollen an. Er schwang sich die Bastkleidung um den Leib und drehte sich seine Einsiedlerlocken neu, wie Rudra, als er sich daran machte, den Dämonen Tripur im Gefecht zu schlagen. So schaute der Held tapfer und weise aus, und der Zorn blitzte in seinen Augen. Dann empfing Rama, der Eroberer der Feinde, von Lakshmanas Hand seinen Bogen, spannte die gewaltige Sehne und legte einen tödlichen Pfeil auf, der blitzte und glänzte. Und er sprach in seinem Zorn so schrecklich wie Er, der diese Welt mit Feuer endet: "Da Alter und Zeit, Tod und Schicksal alles Leben mit ungehemmter Kraft erwarten, so soll heute, oh Lakshmana, meine rächende Macht in meinem Zorn keinen Einhalt finden. Es sei denn, ich sehe heute noch meine Dame, an deren lieblicher Gestalt nichts zu tadeln ist. Wie zuvor will ich meine Liebe erblicken mit schönen, hellen Zähnen und vollkommener Figur. Sonst soll diese Welt einen tödlichen Schlag zu fühlen bekommen und in unbarmherziger Niederlage zerstört werden. Dieses Schicksal sollen alle Schlangengötter, die Götter der Lüfte, Gandharvas und Menschen teilen."



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