Pushpak Ramayana Buch 3Zurück WeiterNews

Canto 50 - Jatayu

Der Geier erwachte aus seinem Schlummer und hörte die Worte, die Sita rief. Er erhob seine Augen und schaute auf sie und den gigantischen Räuber. Und es sprach der Edelste der Vögel mit dem spitzen Schnabel, so majestätisch wie ein Bergesgipfel, von seinem hohen Baum aus mit weisem Rat zum König der Giganten: "Oh zehnköpfiger Herr, ich halte mich streng an die Redlichkeit und die seit alters her geweihten Gesetze. Auch du, mein Bruder, solltest dich von schuldigen Taten zurückhalten, die Schande und Befleckung bringen. Ich trage den Namen Jatayu, König der Geier in den höchsten Lüften. Deine Gefangene ist unter dem Namen Sita bekannt und die liebe Gefährtin und Dame von Rama, dem Erben Dasarathas, der seine Sorge allem Guten angedeihen läßt. Als Herr der Welt wetteifert er in Macht mit den großen Göttern der Ozeane und Himmel. Er rühmt sich, das Gesetz zu bewahren, welches keinem König erlaubt, eines anderen Gemahlin zu berühren. Und mehr als alles andere, sollte man der Dame eines Prinzen hohe Ehre und Respekt zollen. Nimm deinen Weg zurück zur Erde und denke nicht an sie, die nicht dein ist. Heroische Seelen sollten davon ablassen, sich unter schändliche Taten zu beugen, die andere tadeln. Sie sollten den Damen anderer wie den eigenen allen Respekt zeigen. Die Schriften erklären nicht jeden Umstand von Glückseligkeit und Gewinn, wenn dieses Licht trübe ist, dann schauen die Untertanen auf ihren Prinzen und folgen ihm. Der König ist Glück und Gewinn, ein Vorrat an schön anzuschauenden Schätzen, und alles Glück des Volkes, ihre Freude und ihr Elend kommen vom König. Wenn, oh Herr der Dämonenrasse, dein Geist unstet, blind und der Sünde zugetan ist, wie willst du dann deinen Platz als König bewahren? Sünder gewinnen sich keinen hohen Thron im Himmel. Die Seele, die ihre subtilen Leidenschaften beherrscht, wirft niemals ihren edleren Teil ab. Noch wird die Heimstatt der Gemeinen für lang das Zuhause eines guten Mannes sein.

Prinz Rama, der Herr von hohem Ruhme, hat dir weder in deiner Stadt noch im Schlachtfeld Übles angetan. Niemals hat er gegen dich gesündigt. Wie kannst du nun beschließen, ihm zu schaden? Als der Gigant Khara, von Shurpanakhas Bitten bewegt, ihn aufsuchte und kämpfend in der Schlacht fiel mit durchkreuzten Absichten, da lag die Schuld bei ihm und nicht bei Rama. Sag, mächtiger Herr der Giganten, sag, welchen Fehler kannst du dem Rama zur Last legen? Was hat der große Meister der Welten getan, daß du ihm sein Kostbarstes stiehlst? Schnell, schnell, entlaß die Maithili Dame und laß sie in Frieden davonziehen. Ansonsten wirst du verbrannt von seinem schrecklichen Blick, und du fällst unter seinem Zorn und stirbst, wie Vritra, als Gott Indra seine blitzende Flamme nach ihm warf, die schlug und vernichtete. Weh Narr, mit verblendeten Augen nimmst du eine giftige Schlange mit nach Hause an dein Herz! Oh törichte Augen, zu blind, um die furchtbare Schlinge des Todes zu sehen, die dich umwindet! Der besonnene Mann spart sich seine Kraft und hebt keine Last hoch, die zu schwer für ihn zu tragen ist. Er ist zufrieden mit gesunder Kost, die ihm Leben und Stärke erneuert. Aber wer würde die schändliche Tat wagen, die ihm weder Ruhm noch herrlichen Lohn einbringt? Wo es keinen Verdienst zu gewinnen gibt und bald Vergeltung die Sünde einholt?

Der Lauf meines Lebens währt nun schon sechzigtausend Jahre, Sohn des Pulastya. Als Herr der Meinen bewahre ich immer noch meine althergebrachte vererbte Herrschaft. Ich bin, von den Jahren ermüdet, viel älter als du, junger Herr mit Bogen und Streitwagen, in deine glitzernde Rüstung gehüllt und mit Pfeilen an deiner Hüfte bewaffnet. Doch du sollst nicht kampflos weiterziehen oder die Dame ohne einen Angriff stehlen können. Du kannst nicht, König, vor meinen Augen ohne Kampf deinen lieblichen Preis davontragen, so sicher wie die tiefste Wahrheit der Schriften durch kein schlüssiges Argument der Logik gebeugt werden kann. Stell dich, wenn es dein Mut erlaubt. Stell dich mir in der Schlacht. Du sollst die Erde mit deinem Blut begießen und fallen, wie Khara zuvor fiel. Bald wird dich Rama in Bastkleidung schlagen, dich, seinen stolzen Feind im tödlichen Kampf. Rama, vor dem oft die verstörten Armeen der Daityas flohen. Ich habe keine Kraft zu töten oder zu schlagen, und die Prinzen sind weit entfernt. Schon bald wirst du mit angsterfülltem Auge unter ihren Pfeilen begraben liegen. Doch solange ich noch über Leben und Sinne verfüge, sollst du, Tyrann, nicht die schöne Sita davontragen, Ramas geehrte Königin mit den Lotusaugen und der lieblichen Miene. Was auch immer der Schmerz oder der Verlust sein mag, auch wenn ich im Gefecht das Leben verlieren werde, der Wille von Raghus edelstem Sohn und der von Dasaratha muß erfüllt werden. Stell dich für eine Weile, oh Ravana, stell dich und halte deinen fliegenden Wagen für eine Stunde an. Dann sollst du von deinem glorreichen Wagen fallen wie eine Frucht vom geschüttelten Ast, denn ich werde dir, solange ich lebe, den Willkommensgruß eines Feindes bereiten."


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