Pushpak Ramayana Buch 3Zurück WeiterNews

Canto 47 - Ravanas Werben

Als er, in Verkleidung eines Bettlers, seinen gewünschten Preis solcherart befragte, begann sie dem scheinbar heiligen Mann die Geschichte ihres Lebens zu erzählen. Sie dachte: "Er ist mein Gast, und um seinem Ärger zu entgehen, muß ich ihm antworten."

"Ich bin das Kind eines edlen Herrn, stamme von Janak ab, dem König des schönen Videha. Möge dir alles Gute widerfahren! Mein Name ist Sita, ich bin Ramas geehrte Dame. Ich verbrachte zwölf Winter mit meinem Herrn höchst glücklich und in süßer Zufriedenheit im reichen Heim der Raghu- Familie, und jede irdische Freude war mir gegeben. Zwölf angenehme Jahre flossen vorüber, dann empfahlen seine Adligen dem König der Menschen, Rama, meinen Herrn, zu weihen, als Mitregent im alten Reich. Doch noch bevor die Riten begonnen hatten, um Ikshvakus Sohn die Weihe zu geben, da forderte Königin Kaikeyi, die geehrte Dame, von ihrem Herrn ein altes Versprechen ein. Erst drängte sie ihn, sich der Bitte eines alten Dienstes zu erinnern, dann ließ sie ihn die Erfüllung ihres neuen Gesuchs versprechen. Dies war die Verbannung von Rama in die Wildnis und die Weihe ihres eigenen Kindes statt dessen. Schwer bestand sie beim besten und treuesten König auf ihrer zweifachen Bitte: 'Meine Augen werden sich nicht im Schlaf schließen, noch werde ich essen, trinken oder ruhen. Und der Tag, an dem Rama der erklärte König wird, bringt mir den Tod.' Als sie solcherart in neidischem Zorn sprach, suchte der alte König, der Herr meines Gatten, sie mit rechten Worten zu besänftigen. Doch sie war kalt und taub jeder Bitte gegenüber. Damals war ich sehr jung, ich hatte achtzehn Jahre des Lebens gesehen und Rama, der Beste aller Lebenden, hatte zwanzig und fünf weitere Jahre verbracht; Rama, der Große und Sanfte, der in allen Reichen für Reinheit und Wahrheit Berühmte. Er ist großäugig, hochgewachsen und starkarmig. Er hat ein zärtliches Herz, das sich um alle sorgt. Doch Dasaratha, von weibischer Tücke und der Herrschaft der Leidenschaft davongetragen und von seiner starken Liebe zu ihr gezwungen, hielt die Weiheriten zurück. Als Rama sich vor das Antlitz seine Vaters begab, voller Hoffnung auf die versprochene Gunst, da sprach Königin Kaikeyi kurz und böse zu meinem Herrn: 'Höre, Sohn des Raghu, höre von mir die Worte, die dein Vater zu dir spricht: Frei von allen Feinden übergebe ich heute dieses alte Land Bharatas Hand. Verlasse dein Zuhause, welches nicht länger dein ist, und lebe für fünf und neun Jahre im Wald. Lebe im Wald und bewahre meine Ehre frei von der Befleckung durch Falschheit.' Da sprach Rama unberührt von Angst: 'Ja, es soll sein, wie du es sagst.' und antwortete, Dasarathas Gemahlin gehorchend und seinem Gelübde treu: 'Das angebotene Reich werde ich nicht annehmen, doch werde ich immer treu zu seinem gesprochenen Wort sein.' So, freundlicher Brahmane, hielt Rama an seinem Gelübde mit strengstem Willen fest. Und der tapfere Lakshmana, dem Ruhme lieb, sein Bruder von einer jüngeren Dame, der stolze Sieger in tödlichem Gefecht, folgte Rama auf seinem Weg. Sein Herz richtete er auf strengste Eide. Als jugendlicher Anhänger band er seine Haare in gedrehte Locken und nahm die Kleidung an, die Eremiten tragen. Mit seinem Bogen, uns zu beschützen, ging er mit Rama und mir davon. Von Kaikeyis Künsten beraubt verließen wir unser Königreich und unser Heim, und suchten, an strenge, religiöse Gelübde gebunden, die Schatten der Zweige des Waldes auf. Nun, Bester der Brahmanen, schreiten wir hier durch diese pfadlose Wildnis, die so dunkel und schrecklich ist. Aber komm, erfrische deine Seele und ruhe dich als geehrter Gast für eine Weile aus. Denn mein Herr wird bald hier sein mit frischem Hirschfleisch und großen Mengen an Wildbret vom Bock, oder seine Hand hat einen großen Keiler erlegt. In der Zwischenzeit gewähre mir eine Bitte, oh Fremder: erkläre deinen Namen, deine Familie und deine Geburt. Und warum wanderst du ohne Begleiter durch den Dandaka Wald?"

So fragte Sita, Ramas Dame. Die Antwort des Fremden war erschreckend: "Der Herr der Dämonenlegionen, vor dem die göttlichen Heerscharen fliehen, die Pein von Hölle, Erde und Himmel, Ravana, der König der Rakshasas bin ich. Und wenn ich deine goldige Figur betrachte, die von bernsteinfarbener Seide umhüllt ist, meine Liebe, oh du von makelloser Gestalt, dann sind mir alle meine Damen tot und kalt. Tausend der schönsten Frauen verzieren mein Heim, die ich vielen Ländern entriß. Doch komm, lieblichste Dame, sei die Königin von jeder Dame und mir. Meine herrliche Stadt Lanka schaut von der Bergeshöhe hinab, wo das Meer mit Leuchten und Schaum kräftig an mein Inselreich schlägt. Mit mir, oh Sita, sollst du entzückt durch alle schattigen Haine streifen. Auch soll deine glückliche Brust keine zärtliche Erinnerung an dieses Leben in Elend bewahren. In fröhlicher Kleidung soll eine glitzernde Schar von fünftausend Mägden um dich sein und dir auf jeden Wink und jedes Zeichen hin dienen, wenn du, schöne Sita, mein bist."

Da brach die edle Leidenschaft aus ihr heraus, und die Dame sprach als Erwiderung: "Ich, ich bin die Frau von Rama, vom Löwenkönig mit den Löwengliedern, stark wie die See, fest wie der Fels und wie Indra in den Erschütterungen der Schlacht. Der Herr der verheißungsvollen Zeichen, die Zierde seiner prinzlichen Ahnenreihe, stark und hochgewachsen wie ein schöner Bodh Baum, der Edelste und Beste von allen, Rama, der Erbe eines glücklichen Schicksals, der sein Wort ungebrochen hält, Herr mit dem Löwengang, mit mächtigen Armen und breiter Brust versehen, Rama, der Löwenkrieger, dessen mondhelles Gesicht keine Angst trüben kann, Rama, der Herr seiner gezügelten Leidenschaften. Ich bin die Liebe, die ihr Herr verehrt. Mich, mich, die treu liebende Dame von Rama, dem Prinzen mit dem unsterblichen Ruhm, mich umwirbst und drängst du vergebens. Ein Schakal umschmeichelt eine Löwin? Stehle der Sonne ihren Glanz - das ist die Hoffnung, die Frau vom Herrn Rama zu berühren. Ha! Du hast die goldenen Bäume gesehen, ein Omen, welches sterbende Augen erblicken(1), denn du suchst lebensmüde die Liebe von Ramas Gattin zu gewinnen. Narr! Würdest du es wagen, dem hungrig schmachtenden Löwen die blutende Beute wegzustehlen? Oder den Giftzahn aus dem grauenvollen Kiefer einer Giftschlange zu ziehen? Könntest du etwa mit schwächlicher Hand den Berg Mandar(2) schütteln, der das Land überragt? Führst du Gift an deine Lippen und denkst, die tödliche Tasse wäre ein harmloses Getränk? Berühre mit einer spitzen Nadel dein Auge oder mit dem Rasiermesser deine Zunge - wer würde mit respektloser Berührung die Frau beschmutzen, die Rama so sehr liebt? Wickle um deinen Hals einen Mühlstein und schwimm von einem Ende des Ozeans zum anderen. Oder hebe beide Hände hoch und pflücke die Sonne und den Mond vom jenseitigen Himmel. Oder drücke die geschürte Flamme, in deine Kleidung eingehüllt, an deine Brust. Viel wilder ist der Gedanke, die geliebte Frau von Rama zu gewinnen, die keine Sünde kennt. Der ist ein Narr, der denkt, er könne mit sinnloser Absicht die Liebe von Ramas Dame gewinnen. Sein dunkler und verzweifelter Gang führt ihn über die Spitzen von Eisenstäben. Wie der Ozean zu einer Seifenblase paßt, der Löwe zu einem Fuchs, der König aller Vögel zu einer gemeinen Krähe, wie Gold zu Blei von geringem Wert, wie das Abgespülte vom Reis zu dem Trank paßt, den sie im Paradies schlürfen, zu Amrit, dem himmlischen Getränk, wie Sandelstaub mit süßem Parfüm zum Schlamm, der unsere Füße beschmutzt, wie der Tiger zur Katze paßt, der weiße Schwan zur Eule, der Pfau zum Wassergeflügel, ein Adler zur Fledermaus - so ist mein Herr im Vergleich zu dir. Wenn er mit Bogen und Pfeilen zum Töten bewaffnet so mächtig wie Indra selbst seinen Feind erblickt, dann bist du dem Tode geweiht wie die Fliege, die vom Öl nippt, das auf den Altar tropft, und du sollst den Bissen von deinen Lippen abwerfen und deine halbgewonnene Beute verlieren."

In großem Zorn entließ die Dame solch beißende Pfeile von ihrer Zunge in bitteren Worten, die den Wanderer der Nacht stachen und bohrten. Dann verstummte sie. Ihre zarte Haut wurde blaß, ihre gelösten Glieder versagten, und sie zitterte ängstlich wie eine Platane im Sturm. Er stand so furchtbar wie der Tod ganz nah und bemerkte mit grausam frohlockenden Augen die Angst, die sie erzittern ließ. Um die Dame noch mehr zu ängstigen, zählte er alle seine Siege auf, erklärte die Titel, die er trug, und seine Abstammung samt Namen.


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(1) Es wird gesagt, daß Sterbende in ihrer Phantasie goldene Bäume sehen, welche die Reise in den Himmel vermuten lassen und ein Zeichen des nahenden Todes sind.
(2) Der Berg, der von den Göttern und Dämonen als Quirl zum Aufschäumen des Ozeans benutzt wurde.