Pushpak Ramayana Buch 3Zurück WeiterNews

Canto 39 - Marichas Rat

"Ich erzählte dir von diesem furchtbaren Tag, als Rama zuschlug und mich verschonte. Nun höre mich an, Ravana, wenn ich dir erzähle, was danach geschah. Es begab sich, daß ich, wieder bei Kräften und voller Stolz, mit zwei mächtigen Dämonen an meiner Seite durch den Wald mit seinen Lichtungen und Hainen streifte und dabei die Gestalt eines Hirsches annahm. Ich trug ein stattliches Geweih und hatte eine flammende Zunge und spitze Zähne. Ich wanderte, wohin mich meine Laune führte, und ernährte mich vom Fleisch der Eremiten an verborgenen Orten oder bei heiligen Bäumen, wo auch immer die rituellen Feuer brannten. In furchteinflößender Gestalt streifte ich durch Dandaka und tötete viele Einsiedler. Mit unbarmherziger Wut mordete ich die Heiligen, die im Wald ihre Aufgaben erfüllten. Wenn sie erschlagen zu Boden sanken, trank ich ihr Blut und aß ihr Fleisch, und stürzte mit meinen grausamen Taten die Waldbewohner in große Bestürzung, da ich ihre Riten in bitterem Haß zerstörte und im Rausch menschliches Blut vergoß. Einmal erblickte ich zufällig im Wald den Rama wieder, als Anhänger und Einsiedler, der sich von kärglichem Essen ernährte und dessen Sorgen allem Guten galt. Seine edle Frau war an seiner Seite und der in der Schlacht erfahrene Lakshmana. In unsinnigem Stolz verachtete ich erneut die Macht dieses berühmten Mannes und den einsiedlerischen Feind nicht achtend, erinnerte ich mich an die frühere Niederlage. Voller Zorn griff ich ihn an und wollte ihn mit meinen spitzen Hörnern erdolchen, denn rasend und in unachtsamer Hast dachte ich an meine früheren Wunden. Da entließ er von seinem mächtigen Bogen drei feindezerstörende Pfeile. Mit scharfen Spitzen schnellten sie von der Sehne so schnell wie der Wind. Wie hetzende Donnerblitze eilten die tödlichen Pfeile davon, um sich vom Fleisch der Feinde zu nähren. Wohl geglättet und mit Knoten und Stacheln besetzt flogen die Pfeile wie einer davon. Doch ich, der Ramas Macht schon einmal gespürt hatte und um die Schläge wußte, die der Held austeilte, konnte in schneller Flucht entkommen. Die beiden anderen, die sich auch dort herumtrieben, tötete er. Ich floh vor der tödlichen Gefahr und konnte mich vor dem furchtbaren Geschoß durch höchste Eile retten. Nun widme ich meine Tage den tiefen Gedanken und lebe als demütiger Einsiedler.

In jedem Busch, in jedem Baum sehe ich den edlen Anhänger. In jedem knorrigen Baumstamm sehe ich sein Hirschfell und sein Kleid aus Bast. Überall sehe ich den mit seinem Bogen gewaffneten Rama stehen wie Yama mit der Schlinge in der Hand. Ich sage dir, Ravana, in meiner Angst verspotten tausend Ramas meine Sicht. Dieser Wald mit all seinen Büschen und Zweigen scheint mir ein schrecklicher Rama zu sein. Im ganzen Wald gibt es keinen Ort, der so einsam ist, daß ich ihn nicht sehe. Er jagt mich in meinen nächtlichen Träumen und weckt mich in wildem Schrecken auf. Die Buchstaben, mit denen sein Name beginnt, schicken Angst durch meinen verstörten Körper. Die schnellen Wagen, auf denen wir fahren, oder die kostbaren und seltenen Juwelen, einst mein ganzer Stolz, haben Namen, deren verhaßter Klang nur Furcht in mir erweckt, wenn meine Ohren sie hören(1). Ich kenne seine große Kraft nur zu gut. Du bist kein Ebenbürtiger für solch einen Feind. Zu stark waren Raghus Söhne für Namuchi und Balis Macht im Kampfe.

So wage den Kampf mit Rama, oder sei geduldig und laß ab. Doch wenn du mich in Frieden leben sehen möchtest, dann erwähne den Helden nicht. Die Guten, die ihre heiligen Leben in tiefsten Gedanken und höchst unschuldig verbringen, sind oft mit all ihren Leuten durch die Verbrechen anderer untergegangen. So muß ich nun, im allgemeinen Verfall, für die Torheit eines anderen sterben. Nimm all deine Kraft und deinen Mut zusammen, doch ich werde niemals deinen Plan gutheißen. Denn Rama könnte mit seiner absolut großen Macht die Welt der Giganten auslöschen. Der vorschnelle Khara hat den Hain von Janasthan gesucht und focht um Shurpanakhas Wohl. Dann starb er durch Ramas Hand in der Schlacht. Doch wie hat er dir Übles getan? Sprich wahrhaftig, und erkläre mir Ramas Fehler und Sünden. Ich warne dich, und meine Worte sind weise, denn ich suche deines Volkes Wohl. Aber wenn du meine Rede verachtest, dann höre meinen letzten Appell. Du wirst mit deiner Familie und allen deinen Freunden an dem Tage im Kampf untergehen, an dem der Held seinen großen Bogen spannt und seine unfehlbaren Pfeile fliegen."


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(1) Die Sanskritwörter für Wagen und Juwel beginnen mit "ra"