Pushpak Ramayana Buch 2Zurück WeiterNews

Canto 109 - Lob der Wahrhaftigkeit

Vom Weisen Javali so angeredet, setzte Rama, mit dem Besten der wahrheitsliebenden Herzen, mit perfekter Übung und hoher Weisheit zu einer passenden Antwort an: "Deine glücksverheißenden Worte klingen gerecht. Aber das Kleid der Tugend tragen sie zu Unrecht. Denn der, der verlockt von falschen und vergeblichen Lehren vom Pfade der Tugend abweicht, um verbotene Wege zu betreten, kann niemals das Lob der Guten erhalten. An ihren Leben erkennt man die Wahrhaften oder die Prahler, rein oder unrein, hoch oder tief. Denn sonst gäbe es kein Merkmal, um zwischen fleckenlos und befleckt, zwischen hoch und niedrig zu unterscheiden. Diejenigen, denen das Schicksal günstige Zeichen gewährt, wären dann wie diejenigen, denen alles versagt bleibt. Und die an tugendhaften Gedanken hängen, wären wie Menschen mit bösem Geist. Wenn ich im geheiligten Namen der Gerechtigkeit anstelle der Pflicht diese Untat beginge, dann verließe ich auf gemeine Weise den Pfad der Tugend und beginge eine verderbliche Sünde. Würden mich die Menschen, welche die Grenzen zwischen Tugend und Laster mit innerster Sicht erkennen, in späterer Zeit hochschätzen, befleckt mit einem seelenzerstörerischem Verbrechen? Und könnte ich, der Sünder, jemals auf einen Platz im Himmel hoffen, wenn ich mein gelobtes Versprechen bräche und den rechten Weg verließe?

Unsere Welt ward immer davon geleitet, den Wegen anderer zu folgen, und wenn die Untergebenen ihre Prinzen ansehen, dann werden sie ihr Leben nach dem ihren gestalten. Und daher ist es Himmelsbeschluß, daß Könige die Wahrhaftigkeit und die Gnade lieben müssen. Von Wahrhaftigkeit getragen ist die Herrschaft von Monarchen, und Wahrhaftigkeit allein hält die Welt aufrecht. Die Wahrhaftigkeit war und ist immerdar die Liebe der heiligen Weisen und Götter. Und dessen Lippen hier wahrhaftig sind, der gewinnt nach dem Tod die höchste Sphäre. Wie vor dem tödlichen Zahn einer Schlange schrecken wir vor dem zurück, der die Wahrheit verachtet. Denn die heilige Wahrhaftigkeit ist der Ursprung und die Wurzel von Gerechtigkeit und allen geheiligten Dingen; eine Macht, die alle Kräfte übersteigt und mit hohem, niemals endendem Glück verbunden ist. Wahrhaftigkeit ist aller Tugend sicherste Grundlage, die Höchste an Wert und Erste am Platze. Opfer und Gaben von Menschen, Gelübde, Askese und strenge Riten, heilige Befehle - das alles hängt von Wahrhaftigkeit ab. Darum müssen Menschen immer die Wahrhaftigkeit verteidigen. Denn Wahrhaftigkeit allein beschützt das Land, und wegen der Wahrhaftigkeit stehen unsere Häuser wohlbehalten da. Ohne Wahrhaftigkeit leiden die Menschen Not. Und Wahrhaftigkeit wird im höchsten Himmel gesegnet.

Also wie kann ich rebellisch die Befehle mißachten, die mein Vater sprach? Ich war immer treu und wahrheitsliebend und bin durch mein Wort in Ehre gebunden. Meines Vaters Brücke der Wahrheit soll bestehen bleiben und zwar unbeschädigt durch meine zerstörerische Hand. Weder Torheit, Unwissenheit noch Gier sollen meine verdunkelte Seele mißleiten. Haben wir nicht gehört, daß sich Götter und Ahnengeister von den verhaßten Opfergaben abwenden, die von einem falschen und unbeständigen Geist stammen, der kein Gelöbnis einhält und durch kein Versprechen gebunden ist? Wahrhaftigkeit ist die einzige Pflicht, so wie die Seele alles bewegt und bewahrt. Die Guten respektieren die Pflicht, daher verehre ich ihre heiligen Forderungen. Und ich lehne die Pflichten eines Kriegers ab, wenn sie das Falsche unter dem Deckmantel der Tugend suchen. Ich schrecke zurück vor dem, was die Gemeinen, Grausamen und Gierigen an sich ziehen. Das Herz empfängt den schuldigen Gedanken, und dann bewirkt die Hand die sündige Tat. Und mit dem Paar wird noch ein Drittes genannt: die Zunge, die das Lügenwort spricht. Zukunft und Land, Name und Ruhm erfordern des Menschen gerechte Sorge. Die Guten werden an der Wahrhaftigkeit anhaften, und deren hohe Gesetze müssen die Menschen ehren. Hinsichtlich der Ausführungen, die deine Lippen lehrten und mit subtiler Sprache als Bestes gepriesen wurden, frage ich: Soll ich mein gegebenes Versprechen brechen, daß ich diesen Wald mir zur Heimat mache? Soll ich, wie Bharatas Worte raten, den feierlichen Befehl meines Vaters mißachten? Fest steht der Eid, den ich vor meines Vaters Antlitz ruhig schwor, und den Königin Kaikeyis ängstliches Ohr mit großem Entzücken vernahm. Ich bleibe im Wald, friste mein Leben wie beschrieben und erfreue die himmlischen Kräfte und die Schatten der Ahnen mit Früchten, Wurzeln und Blumen. Hier will ich meinen beschlossenen Weg weiter verfolgen, mit zufriedenen Sinnen und die Grenzen von Gut und Böse beachtend. Fest vertrauend und immer treu werde ich meine edle Aufgabe hier in der Wildnis, in diesem fernen Rückzugsort vollenden. Und Feuer, Wind und Mond sollen die Teilhaber dieser Früchte mit mir sein. Hundert rechtschaffene Opfer erhoben Indra über die anderen Götter, und mächtige Heilige sichern sich den Himmel durch quälende Jahre auf Erden."

So wies der Held das verächtliche Gesuch von sich und sprach erneut, Javalis niedrige Rede verurteilend, während sein Busen brannte: "Gerechtigkeit und Mut bewahrend, Mitleid für alle Notleidenden, Wahrhaftigkeit und liebende Verehrung für Brahmanen, Götter und Gäste - darin sollte das Leben der Menschen bestehen, so sagen die Treuen und Tugendhaften. Sie bilden den rechten und glücklichen Weg, der letztendlich zum Himmel führt. Ich verurteile meines Vaters gedankenlose Tat, daß er dir diesen verehrten Platz verlieh, denn deine Seele wandte sich von der Tugend ab, ist treulos, dunkel und gemein.

Aber die Zweifachgeborenen aus alten Zeiten, eine andere Sorte Männer als du es bist, haben viele gute Taten getan, und ihre große Herrlichkeit ist uns frisch geblieben. Sie besiegten diese Welt und ihr Kampf, sich den Himmel zu gewinnen, war nicht umsonst. Die Zweifachgeborenen erhalten ihr reines Leben und entfachen die Feuer der Verehrung. Die auf dem Pfad der Tugend wandeln und mit Tugendhaften leben - ihre Flammen des heiligen Eifers strahlen hell, ihre Hände geben schnell, sie verletzen niemanden, sind gut und mild und übertreffen jede Gunst. Ihre Leben sind von Sünde unbesudelt, und wir lieben und ehren sie."

So sprach Rama im gerechten Zorn und lehnte Javalis Rede ab. Doch der tugendhafte Weise erwiderte in wahren Worten: "Die Regeln des Atheisten benutze ich nicht mehr, nicht mein ist dessen gottloser Glaube. Ich verabscheue dessen Worte und Lehren, die ich in Zeiten der Not annahm. Als ich mich erhob, zu dir zu sprechen, erschien die passende Gelegenheit und bat mich, der Atheisten Ansicht zu benutzen, um dich von deinem Ziel abzubringen. Ich bekenne mich nicht zur Gottlosigkeit, nehme die sündigen Worte zurück und spreche nun wieder die vertraute Sprache, um deine Gunst, mein Prinz, zu gewinnen."

(M.N. Dutt läßt den Brahmanen Javali antworten:
"Ich spreche nicht die Sprache der Atheisten, noch bin ich ein Atheist. Auch ist nicht wahr, daß hier nichts nachfolgt. In der Hinsicht, daß die hier getanen Dinge eine Verbindung zur nächsten Welt haben, bin ich wieder ein Gläubiger. Doch bezüglich der Verbindung der Dinge zu dieser Welt, die man (selbst) in die Hand nimmt, bin ich noch einmal ein Atheist. Oh Rama, um dich zum Umkehren zu bewegen, war die Zeit gekommen, die Sprache der Atheisten zu sprechen. Um dich nun wieder zu beruhigen, sprach ich erneut zu dir, daß ich ein Gläubiger bin.")


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