Pushpak Ramayana Buch 2Zurück WeiterNews

Canto 97 - Lakshmanas Zorn

So zeigte Rama seiner Liebsten den Bach, dessen Wasser unterhalb des Berges floß. Während einer Ruhepause auf seinem Bergessitz erfrischte er sie mit dem köstlichsten Fleisch. Als die beiden Glücklichen sich solchermaßen ausruhten, rückte Bharatas Armee näher. Gen Himmel erhoben sich Staubwolken, und der Klang von trampelnden Füßen war zu hören. Das anschwellende Rumoren der marschierenden Männer erweckte den Tiger und trieb ihn aus der Höhle. Die Schlangen flüchteten furchtsam in ihre Löcher und Verstecke. Herden von Hirschen rannten panisch davon, und die Luft war erfüllt von Vögeln. Die Bären begannen, von den Bäumen zu klettern, und die Affen versteckten sich in Höhlen. Die wilden Elefanten waren ganz verstört, als der Wald ringsum erdröhnte. Ein Löwe öffnete seine massigen Kiefer, und der Büffel sah sich scheu um. Der Prinz, der den betäubenden Lärm hörte und die Waldbewohner, aus ihrer Ruhe aufgeschreckt, Hals über Kopf fliehen sah, sprach zum glorreichen Lakshmana: "Sumitras edler und teurer Sohn, horch Lakshmana, welch Gebrüll ist da zu hören, der Tumult einer ankommenden Menschenmenge. Erschreckend, ohrenbetäubend, tief und laut! Das Getöse wird immer lauter und erschreckt Elefanten und Büffel. Wie vom Löwen geängstigt jagen Hirsche furchtsam durch den Wald. Ich würde gerne wissen, wer hierher kommt. Geht ein Prinz oder Monarch auf die Jagd? Oder ist es ein mächtiges Raubtier, was die Waldbewohner davontreibt? Es ist schwer, diese Bergeshöhen zu erreichen, selbst für die in luftigen Flügen geübten Vögel. Gern möchte ich wissen, oh Lakshman, was den Wald so in Aufruhr bringt."

Daraufhin erkletterte Lakshmana schnell einen hohen Salbaum, der neben ihm wuchs, um den ganzen Wald zu überblicken. Erst schaute er in östliche Richtung, dann wandte er seine Augen gen Norden und erblickte dort eine mächtige bewaffnete Armee von Elefanten, Streitwagen, Pferden und Fußsoldaten, eine vermischte Streitkraft mit im Wind wehenden Bannern. Zu Rama sprach er: "Schnell, schnell, mein Herr, mach das Feuer aus und laß Sita sich in die Höhle zurückziehen. Lege deine Rüstung an und ergreife Pfeil und Bogen!" Hastig rief dies Lakshmana, doch Rama, der löwenhafte Herr, erwiderte: "Untersuche die Armee näher und sage, wer führt die kriegerische Gruppe an?"

Da antwortete Lakshmana und heftiger Zorn brannte in ihm, der ihn dazu erregte, gegen die Armee anzugehen in seiner Wut: "Es ist Bharata: Er hat sich den Thron zu eigen gemacht durch die Weiheriten. Um nun die völlige Oberherrschaft zu gewinnen, kommt er in Waffen, um uns zu töten. Ich erkenne an seinem Wagen den baumhohen Flaggenmast aus Kovidar (ein Ebenholz). Ich sehe seine Banner glänzen, und die Ritter voran schreiten. Ich sehe seine eifrigen Krieger auf Elefanten in langen Reihen erstrahlen. Laß uns beide nun Pfeile und Bogen ergreifen und den Berg hinanklettern. Oder laß uns hier stehen, oh Held, und mit den Waffen in der Hand bereit sein. Vielleicht bekommen wir den Führer mit der großen Standarte in unsere Gewalt, und dann wird Bharata, der diesen großen Kummer über dich brachte und dich von der königlichen Herrschaft vertrieb, am heutigen Tage dich, Sita und mich sehen. Bharata, unser Feind, ist nah, und er soll sicher von dieser Hand sterben. Bruder, ich sehe keine Sünde darin, wenn Bharata durch meine Waffe fiele. Es ist kein Fehler, den Feind zu schlagen, dessen Hand als erste zum Schlag ausholt. Mit Bharata beginnt das Verbrechen, denn er sündigt gegen dich und die Pflicht. Die so machthungrige Königin wird ihren Lieblingssohn noch heute durch meine Hand fallen sehen, wie einen schönen Baum, der durch Elefanten gefällt wird. Kaikeyi selbst wird mit allen Verwandten und dem Gefolge umkommen, und die Erde wird durch meine rächende Tat von dieser Unmenge an Sünde befreit sein. Heute soll mein schon zu lang zurückgehaltener Zorn ungezügelt über den Feind kommen, wild wie die entfachte Flamme, die zerstörerisch durch Gras und Schilf wütet. An diesem Tage sollen meine Pfeile scharf und heftig die Körper der Feinde durchbohren. Und der Wald an Chitrakutas Flanke soll von blutigen Strömen rot gefärbt werden. Die wilden Raubtiere sollen sich an Elefanten mit gespaltenen Herzen und an Rossen laben, und die toten Körper, die meine Pfeile hinterlassen, zu ihren Bergeshöhlen schleppen. Zweifle nicht, daß Bharata und sein Zug in diesem großen Walde geschlagen werden. So zahle ich die Schuld heim, die ich meinem Bogen und diesen tödlichen Pfeilen schulde."


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