Pushpak Ramayana Buch 2Zurück WeiterNews

Canto 92 - Bharatas Abschied

So verbrachte Bharata mit seiner Armee die Nacht in Zufriedenheit, und mit dem Morgenlicht näherte er sich glücklich seinem Gastgeber. Bharadvaja sah ihn mit gefalteten Händen kommen, und nachdem die verehrenden Feuer ihre Nahrung bekommen hatten, schaute er den Prinzen an und sprach: "Oh schuldloser Sohn, ich bitte dich, sage mir, ob dich die letzte Nacht befriedigt hat? Sprich, hat das Festmahl, welches meine Sorge bereitet hat, deine Armee von Gefolgsleuten beglückt?" Er faltete seine Hände, beugte sein Haupt und antwortete ehrfürchtig dem höchsten und strahlendsten Weisen, der seiner Einsiedelei vorstand: "Ich habe die Nacht gut verbracht. Dein Fest bereitete Mann und Tier große Freude, und ich und alle meine Gefolgsleute wurden mit den luxuriösesten Dingen überhäuft. Dein Bankett hat alle entzückt, vom höchsten Befehlshaber bis zum niedersten Knecht, und kostbare Kleidung, Getränke und Fleisch verbannten jeden Gedanken an Mühe und Hitze.

Doch nun, du guter und großer Eremit, erflehe ich einen Wunsch von dir. Zum Rama will ich meine Schritte lenken, gib du mir mit freundlichem Auge die Erlaubnis. Oh sage mir, wie ich meine Schritte zum einsamen Rückzugsort des tugendhaften Rama nehmen soll. Großer Einsiedler, ich bitte dich inständig, sag, wie weit ist es bis dahin und wohin geht der Weg?" Von brüderlicher Liebe bewegt, erkundigte sich der Prinz beim Heiligen, und der glorreiche Seher von unvergleichlicher Kraft und strengsten Gelübden, antwortete: "In weniger als zwölf Meilen kommst du in einen wilden und großen Wald. Mitten darin erhebt sich Chitrakutas hoher Berg mit lieblichem Grün und Wasserfall. Nördlich vom Berg wirst du den schönen Strom Mandakini erblicken, wo die Wasservögel schwärmen und fröhliche Bäume am Ufer wachsen. Dann wirst du eine Laubhütte zwischen Fluß und Berg sehen, es ist Ramas Hütte. Dort lebt gewiß das prinzliche Brüderpaar. Führe deine Armee gen Süden und fahre immer weiter südwärts. So wirst du den verlassenen Ort finden und den Sohn des Raghu treffen."

Als die Witwen des Monarchen vom befohlenen Marsch erfuhren, verließen sie ihre Wagen und strömten an Bharadvajas Seite, obwohl sie sich nach der Abfahrt sehnten. Da sah man Kausalya mit der guten Königin Sumitra, traurig, erschöpft und immer noch sorgenvoll, die Füße des außergewöhnlichen Heiligen liebkosen. Auch Kaikeyi, von allen gemieden, mit durchkreuzten Plänen und von ihrem Sohn verlassen, trat vor den berühmten Einsiedler hin und berührte seine Füße, von Schande überwältigt. Demütig umschritt sie den vorzüglichen Weisen, und stand nicht weit von Bharata entfernt, mit bedrücktem Herzen und schweren Augen. Da sprach der große Seher, der niemals einen heiligen Eid gebrochen hatte, zu Bharata: "Sprich Raghus Sohn, ich möchte gern der Reihe nach die Geschichte einer jeden Königin erfahren."

Und jener gab mit gefalteten Händen und in gewandten Worten gehorsam Antwort auf den hohen Befehl: "Sie, oh Heiliger, die du hier in Gestalt einer Göttin erblickst, war die Hauptgemahlin des Königs, nun erschöpft vom Fasten und Leiden. Wie Aditi in Tagen von einst den alleserhaltenden Vishnu gebar, so schenkte Kausalya mit dem glücklichen Schicksal dem Herren des Löwentores Rama das Leben. Sie, die von quälenden Stichen durchbohrt wird, und Kausalya zärtlich am linken Arm hängt, ganz wie die Cassia ihre verwelkten Blätter herabhängen läßt, das ist die schmerzgeplagte Sumitra, die zweite Gemahlin von den dreien. Zwei prinzliche Söhne gebar die Dame, schön wie die Götter im Himmel. Und sie, die gemeine Dame, durch die das Leben meiner Brüder in Düsterkeit gehüllt wurde, und wegen der der König, um seine lieben Kinder klagend, sich die himmlische Sphäre suchte, die Stolze mit dem törichten Herzen, schnell erzürnbare Kaikeyi, war der bevorzugte Liebling meines Herrn. Die äußerst ehrgeizige und trotz ihres lieblichen Gesichtes ungeliebte Dame, ist meine Mutter. Ihr gottloser Wille ist allzeit auf böse Taten gerichtet, und darin sehe ich die Wurzel und Quelle allen Übels, welches mich zermalmt."

Schnell atmend wie eine wütende Schlange, mit roten Augen vor Zorn und mit Tränen und Seufzern hatte der Held gesprochen. Und Bharadvaja, der mächtige Heilige mit der hohen Weisheit, ruhig und ernst, gab mit folgenden Worten seinen guten Ratschlag: "Oh Bharata, höre meine Worte: Lege ihr nicht den Fehler zur Last. Denn viel Segen wird vom verbannten und wandernden Rama über uns kommen."

Von diesem Versprechen erfreut, umrundete Bharata den Heiligen ehrfürchtig und bat demütig um seinen Abschied. Dann gab er den Befehl, daß seine Leute sich sammeln mögen. Prompt sah man Tausende zu ihren Wagen eilen, die von schnellen Pferden gezogen wurden, und die hell strahlend und vorzüglich anzusehen waren, mit all dem glänzenden Gold reichlich verziert. Dann marschierten weibliche und männliche Elefanten los mit goldenen Gurten und Flaggen, die den Sturm liebkosten, und klingenden Glöckchen, wie Wolken am Ende des Sommers. Manche Wagen waren riesig und manche leicht, für schwere Last oder schnellen Spurt, kostbar und von jeder Art, mit Scharen von Infanterie hinter sich. Die Damen, allen voran Kausalya, reisten in den edelsten Wagen, und jedes zarte Herz schlug hoffnungsvoll, bald den verbannten Prinzen zu sehen. Der königliche, ruhmgekrönte Bharata ward in einer wunderschönen Sänfte getragen, von all seinem Gefolge umgeben, und glich dem jungen Mond oder der Sonne, wenn sie glänzen. Und das marschierende Heer mit all den Elefanten und Wagen in endloser Reihe sah auf seinem Weg nach Süden aus wie eine Schar von Herbstwolken.


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