Pushpak Ramayana Buch 2Zurück WeiterNews

Canto 82 - Die Abreise

Der kluge Prinz schaute die Versammlung an, die gedrängte Schar der Edlen, strahlend wie eine wolkenlose Nacht, wenn der Vollmond am höchsten steht. All die vielerart farbigen Kleider warfen einen herrlichen Glanz über die Synode. Die in den ewigen Traditionen gelehrten Priester blickten auf die Menge, welche die Halle füllte und gaben dann folgenden Ratschlag an Bharata mit leisen und ernsten Worten: "Der gute und weise König, lieber Sohn, hat die Erde verlassen und gewann sich die Himmel. Dir ließ der gerechte Herr ein weites Land angefüllt mit reicher Ernte zurück. Fest stand der treue Rama zum Versprechen seines Vaters, wie der Mond sein eigenes liebes Licht bewahrt. So übergeben dir Vater und Bruder dieses Land frei von allem Ärger. Erfreue dich an deinen Ebenbürtigen, genieße das Leben, und besteige zum König gesalbt den Thron. Laß Lehnsherren aus fernen Ländern, West, Süd und Nord davoneilen, von Kerala und jedem Ozean und dir zehnmillionen Edelsteine bringen."

Als so der Weise Vasishta sprach, da brach ein Sturm über Bharata herein, und sich nach Gerechtigkeit und Wahrheit sehnend flohen seine Gedanken zum pflichtgetreuen Rama. Mit Seufzern und Schluchzern und gebrochener Stimme, gerade wie eine verwundete Ente stöhnt, klagte er von tiefstem Leid bewegt und rügte den heiligen Priester wie folgt: "Oh, wie kann einer wie Bharata es wagen, Macht und Herrschaft von ihm zu reißen, der weise, fromm, treu und bescheiden ist, in den Schriften und der Tugend bewandert? Kann jemand von Dasarathas Samen sich mit solch niederträchtiger Tat beschmutzen? Das Reich und ich gehören Rama, du solltest Worte der Gerechtigkeit sprechen. Denn er ist nach den Forderungen der Tugend der Älteste und auch der Edelste: Nahush und Dilipa könnten zu Lebzeiten nicht berühmter sein als er. Wie Dasaratha rechtens regierte, so gehören Rama die Macht und das Königreich. Wenn ich so eine sündige Tat beginge und damit alle Hoffnung auf himmlische Bedürfnisse verwirkte, dann würde meine Tat den Glanz des alten und herrlichen Geschlechtes der Ikshvakus verdüstern. Nein, daß meine Mutter diese Sünde beging, ist wahrlich bitter für meine innersten Gedanken. Ich falte hier meine Hände und grüße Rama im weglosen Schatten. Zu ihm werde ich meine Schritte lenken, meinem König, dem Besten der Männer, Raghus berühmten Sohn, dessen Herrschaft alle Mächte, Hölle, Erde und Himmel gehorchen."

Die aufrechte Rede, in der jegliches Wort den Stempel der Tugend trug, ward von den Zuhörern vernommen, und jeder Gedanke ging zu Rama, während sich alle Augen mit Freudentränen füllten. "Wenn ich nicht die Kraft haben sollte, meinen edlen Bruder zurückzubringen, dann werde ich mit im Walde wohnen und seine Verbannung dort mit Lakshmana teilen. Ich werde alle Arten der Überzeugung versuchen, ihn heimzubringen und euren liebenden Augen wiederzugeben. Oh edle, gute und weise Brahmanen, eben jetzt habe ich alle Arbeiter und Wegbereiter angetrieben, die Straße zu bauen und zu säubern, damit ich der Armee vorangehen kann, von der ich beschloß, sie anzuführen."

So drückte der Prinz seinen festen Beschluß aus, von brüderlicher Liebe getrieben. Dann wandte er sich an den zutiefst gelehrten Sumantra und sprach zu ihm: "Sumantra, erhebe dich ohne zu zögern und folge meiner Bitte. Gib schnell die Anweisungen für den Marsch und führe die Armee hierher." So angesprochen gehorchte der weise Sumantra dem Befehl des hochbeseelten Prinzen. Mit Freude eilte er fort und gab die gewünschten Befehle. Entzücken füllte da die Brust eines jeden Soldaten, und die Aussicht auf den Marsch, der den geliebten Rama von seinen Wanderungen zurückbringen sollte, erfreute jeden Heeresführer. Die Botschaft flog von Haus zu Haus, denn die Ehefrauen der Soldaten kannten den Befehl, und während sie noch fröhlich lauschten, trieben sie schon ihre Ehemänner zur Eile an. Offiziere und Soldaten meldeten bald, daß die Armee ausgerüstet und vorbereitet sei mit Streitwagen, die schnell wie Gedanken waren, und Ochsen- und Pferdekarren. Als Bharata mit Vasishta an seiner Seite das bereite Heer von Kriegern prüfte, sprach er zu Sumantras Ohren: "Nun spanne schnell meinen Wagen mit Pferden an." Freudig kam Sumantra dem Willen seines Herren nach und fuhr hastig mit dem Wagen von schnellen Rossen gezogen vor. Dann gab der glorreiche Bharata, treu und fromm, an dessen aufrechter Tapferkeit keiner zweifeln konnte, in passenden Worten den Marschbefehl aus, daß er den fernen Wald aufsuchen und seinen lieben Bruder mit Bitten gewinnen wollte: "Sumantra, schnell, erkläre meinen Willen: Ich will meinen Weg in den Wald nehmen und Rama anflehen, daß ich ihn für den Vorteil der Welten heimführen möge."

So befohlen ging der Wagenlenker fort, nachdem er mit entzücktem Ohr gelauscht hatte, und gab den Befehl klar an die Heerführer weiter. Diese hörten die Anweisungen mit Freude an und nicht ein einzelner Mann zögerte, sich auf den Weg zu machen. Da erhoben sich Brahmanen, Krieger, Händler und Knechte in ihren Häusern und dem Wort des Sumantra ergeben, spannten sie die Elefanten oder großen Kamele an, auch Esel oder edle Pferde aus dem Stall, und zeigten volle Einsatzbereitschaft.


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