Pushpak Ramayana Buch 2Zurück WeiterNews

Canto 60 - Kausalya wird beruhigt

Kausalya lag zitternd, wie von der Berührung eines Kobolds geblendet, nur halb bei Bewußtsein und hingestreckt darnieder, als sie sprach: "Trage mich fort, Sumantra, weit fort, dahin, wo Rama, Lakshmana und Sita sind. Ohne sie habe ich keine Kraft, nur eine weitere Stunde zu überstehen. Ich flehe dich an, kehre deine Schritte um und bring mich zum Dandaka Wald. Denn ich muß ihnen nach oder hinunter in Yamas Reich sinken."

Seine Antwort gab der Wagenlenker mit gefalteten Händen und mit Tränen, die unkontrolliert aus ihrer Quelle sprudelten. Sumantra sprach mit gebrochener Stimme, um das Herz der Dame aufzuheitern: "Laß deine Trauer, Verzweiflung und alles Schreckliche fallen, was deine Seele erfüllt und von Sorge genährt wird. Denn wenn du Schmerz und Angst beiseite wirfst, wird Rama die Wälder ertragen. Und Lakshmana wird mit unfehlbarer Aufmerksamkeit Ramas Schritte bewachen und sich damit mit kontrollierten Sinnen den Preis gewinnen, der für Pflichterfüllung im Himmel auf ihn wartet. Auch Sita wird in der Wildnis ebenso gut leben, wie in ihrem eigenen lieben Heim, denn da sie ihr ganzes Herz dem Rama widmet, lebt sie frei von Zweifel und Schrecken. Nicht das kleinste Zeichen von Sorge oder Not zeigte die Miene der Dame. Ich denke, der Stolz von Videha war für das Exil im Schatten des Waldes bestimmt. Wie sie zuvor entzückt durch die Haine der Stadt zu streifen pflegte, so schritt sie nun mit Freude durch die unbewohnten Wälder. Sie wanderte dort wie ein junges Kind mit ihrem Gesicht, so schön wie der junge Mond. Auch wenn sie durch die einsamen Wälder lief, so war doch Rama ihre Freude und ihr Halt. Sein ist das Herz, das keine Sorge beugt. Ihr Leben hängt von ihm ab. Denn, wenn sie ihren Herrn nicht mehr sieht, dann ist auch Ayodhya für sie wie der Wald. Sie bat ihn, wenn sie wanderten, ihr die Namen der Dörfer und Städte zu sagen, ihr die Bäume zu erklären, die ihre Augen erblickten, und die vielen Bäche, die vorüberflogen. Janaks Tochter fühlte sich wie daheim, wenn Rama oder sein Bruder ihr eilig die Antworten gaben, die sie suchte. Ich erinnere mich gut, die Dame sprach kein zorniges Wort über die Tat Kaikeyis. Nein, so etwas, Königin, kann ich in meiner Erinnerung nicht finden."

Die Worte der Sita, als ihr Zorn groß war, überging Sumantra mit Schweigen, damit seine angenehmen Worte mit süßem Inhalt in Kausalyas Ohren eingehen würden.

"Ihre mondgleiche Schönheit litt nicht durch die rauhen Winde und die heiße Sonne. Der Weg, die Gefahr und die Mühe verdarben nicht ihr sanftes Strahlen. Wie die Krone der roten Lilie oder wie der schöne Vollmond hinabschaut, so leuchtete das Gesicht der Videharin in ungetrübter Anmut. Auch wenn künstliche Farben keinen Glanz mehr über ihre zarten Füße warfen, so versprühten sie doch mit natürlichem Ton eine Anmut wie die Lotusblüte, wo auch immer sie den Boden berührten. In spielerischer Grazie lief sie über die Erde, und süß klangen die Glöckchen an ihren Fußgelenken. Keine Juwelen umspielten den makellosen Leib, sie bedarf ihrer nicht aus Liebe zu ihm. Wenn ihr Auge in den Wäldern einen Löwen erblickte, oder einen nahenden Tiger oder Elefanten, dann fürchtete sie nichts, denn Ramas Arm beschützt sie. Nicht länger soll ihr Schicksal beklagt werden, auch deines nicht und nicht das des Herrn von Kosala. Denn ihr Verhalten wird ihnen großen Ruhm einbringen, der niemals stirbt. Sie schreiten voran auf dem alten Pfad, den mächtige Heilige angaben, mit freudigem Geist, lustig und froh verwarfen sie Kummer und Sorge. Ihr höchstes Ziel, ihre liebste Sorge ist des Vaters Ehre rein zu halten und den Schwur zu befolgen, den er leistete. So wandern sie und nähren sich von wilden Früchten."

So suchte Sumantra mit bestrickender Kunst, die Königin vom Leid zu befreien und sie mit tröstenden Ideen zu gewinnen. Doch sie ließ weiter ihrem Leiden freien Lauf und rief: "Weh Rama, meine Liebe, mein Sohn, mein Sohn", in schriller Klage.


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