Pushpak Ramayana Buch 2Zurück WeiterNews

Canto 46 - Der Halt

Als Rama, der Erste des Raghu-Geschlechts, an diesem wunderschönen Ort ankam, blickte er zuerst auf Sita und sprach dann zu Lakshmana: "Über uns kommen nun die ersten Schatten der Nacht, seit wir unsere Schritte in die Wildnis lenkten. Freu dich, Bruder. Trauere nicht um das traute Heim, das wir verlassen und alles, was zurückbleibt. Der unbevölkerte Wald um uns scheint sich zu leeren, denn seine Bewohner kriechen oder fliegen in Verstecke, Höhlen und Nester. Sowohl Vögel als auch Tiere suchen die Ruhe. Ich glaube, das königliche Ayodhya, wo mein ruhmreicher Herr wohnt, trauert heute nacht mit allen Männern und Damen, da wir außer Sichtweite sind. Seine Tugend gewann ihre treue Zuneigung zu ihm, dir und mir, oh Treuer und Mutiger, und auch zu Bharata und Shatrughna. Ich fühle tiefe Sorge um Vater und Mutter in meiner Brust, denn sie trauern um uns, sind von Ängsten niedergedrückt und blenden ihre Augen mit endlosen Tränen. Nun, Bharatas getreue Liebe wird ihnen lieblichen Trost in die Stunden der Qual bringen. Mit freundlichen Worten wird er ihre Herzen stärken, die von Pflicht, Glück und Gewinn zeugen. Ich klage nicht länger um meine Eltern: ich zähle auf die Tugenden des lieben Bharata, seine zärtliche Liebe und Sorge zerstreuen die Zweifel, die ich hatte, und alles ist gut. Auch du hast nicht die Pflicht gemieden. Indem du mir folgst, hast du edel getan. Außerdem, du Tapferer, werde ich dich benötigen als Schutz für meine Frau. In dieser Nacht werde ich nur etwas Wasser zu mir nehmen, um meinen Durst zu löschen. Das, mein Bruder, habe ich beschlossen, auch wenn der Wald vielerart Nahrung bietet."

Weiter sprach er zu Sumantra: "Sei heute nacht höchst aufmerksam, mein Freund, und versorge die Pferde mit großer Sorgfalt." Die Sonne war untergegangen, und Sumantra band die edlen Pferde nebeneinander an, gab ihnen Berge von Gras mit freigebiger Hand und ruhte in ihrer Nähe am Strand. Jeder entrichtete die Abendgebete, und als die Nacht auf sie fiel, errichtete der Wagenlenker mit Lakshmanas Hilfe ein karges Lager für Rama. Rama wünschte Lakshmana eine gute Nacht und eilte an Sitas Seite, seine Glieder auf dem Bett aus Blättern streckend, welches mit Sorgfalt für ihn am Ufer errichtet worden war. Als Lakshmana das Paar schlafen sah, hielt er ruhig Wache am Ufer. Leise unterhielt er sich mit Sumantra und sprach über Ramas reiche Gaben. Die ganze Nacht wachte er und suchte keinen Schlaf bis die Sonne wieder aufging. Mit ihm wachte Sumantra, auch er über die Tugenden Ramas sprechend. Als Rama ruhig und erholt am grünen Ufer erwachte, wo unzählige Herden wanderten, da schlief die Menge noch. Der glorreiche Held verließ sein Lager, schaute auf die schlafenden Menschen und sagte zu Lakshmana, den glücksbringende Gesichtszüge mit größter Sicherheit für Glückseligkeit bestimmten: "Oh Lakshmana, sieh nur, wie sie an Wurzeln gelehnt unter Bäumen schlafen, alle Gemütlichkeit von Haus und Heim zurückweisend, weil sie sich um uns sorgen mit Herz und Verstand. Die Leute aus der Stadt wollen uns nach Hause umkehren sehen. Sie werden eher ihr Leben lassen, als ihren festen Beschluß aufgeben. Laß uns auf den Wagen springen und schnell davon jagen, damit unsere Reise ungehindert weitergehe, und die braven Bürger nicht mehr fern von Ikshvakus angestammtem Heim unter Büschen und Bäumen schlafen müssen, nur weil sie uns folgen aus Liebe zu mir. Ein Prinz sollte mit liebender Fürsorge die selbst geschaffene Ungemach seines Volkes heilen, und niemals sollte er seine Untertanen die Last mit ihm teilen lassen, die er tragen muß."

Da antwortete Lakshmana seinem Bruder, der wie die Gerechtigkeit selbst neben ihm stand: "Deiner Rede, oh Weiser, stimme ich zu. Laß uns ohne Verzögerung den Wagen besteigen." Da sprach Rama zu Sumantra: "Ich bitte dich, spanne deine schnellen Pferde an. Ich will in den Wald ziehen, schnell mein Herr, sei nicht langsam." So zu höchster Eile angetrieben, spannte Sumantra die üppigen Pferde an und kam dann zum Prinzen mit gefalteten Händen: "Heil dir, Prinz, den mächtige Arme schmücken, heil dir, den Besten der Wagengeborenen. Du mögest nun mit Sita und deinem Bruder den Wagen besteigen: alles ist bereit." Der Held erklomm hastig den Wagen, schnell wurden Bogen und Rüstung verstaut und flink ward die wirbelnde Flut der Tamasa überquert, deren Wellen eilig flossen. Sobald die andere Seite erreicht war, bot sich dem glorreichen, starkarmigen Helden eine breite und gerade Straße dar, wo selbst der Furchtsame sich nicht ängstigen konnte. Und um die Menge zu täuschen, sprach Rama zum Sumantra: "Fahr für eine Weile nordwärts, dann kehre um und eile in derselben Fahrspur zurück, so daß die Leute nicht die Route herausbekommen, der ich folge: Fahr und wende."

Sumantra folgte flink dem Befehl seines Herrn, näherte sich dann wieder und war für den weiteren Weg bereit. Mit Sita bestiegen die beiden Prinzen den Wagen, und standen dort im ewig strahlenden Glanz des Raghu-Geschlechts. Sumantra trieb schnell und immer schneller seine Pferde an, und sie rasten dem fernen, von Eremiten besuchten Walde zu.


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