Pushpak Ramayana Buch 2Zurück WeiterNews

Canto 18 - Die Verurteilung

Mit hoffnungslosem Blick und bleicher Miene saß dort der Monarch mit der Königin. Rama berührte in Verehrung die Füße seine Vaters und auch die von Kaikeyi. Der König, die Augen immer noch übervoll, rief "Rama" und konnte nichts weiter tun. Die Stimme erstickt, das Auge trüb, konnte er weder sprechen noch seinen Sohn anschauen. Da schüttelte Rama plötzliche Furcht, als ob sein Fuß eine Schlange aufgestört hätte, während seine Augen die beklagenswerte, fürchterliche und seltsame Veränderung wahrnahmen. Denn dort lag der unglückliche Monarch, seine Vernunft war beinahe verflogen, mit unruhiger Seele seufzte er, ein Opfer quälender Schmerzen, ein Sturm hatte ihn aus seiner friedvollen Ruhe getrieben, wie der Sonnengott während einer Finsternis war er, oder wie ein heiliger Seher, dessen unachtsamen Lippen ein erlogenes Wort entschlüpft war. Der Anblick seines geliebten, von unbekanntem Kummer und Übel geplagten Vaters, erfüllte Rama mit Unruhe, wie der Pulsschlag des sich erhebenden und schwellenden Ozeans, wenn der große Mond, den er so sehr liebt, voll auf seine Brust scheint. Bekümmert um seines Vaters Wohl sprach der Held zu seinem eigenen Herzen: "Warum sagt der König, mein Herr, heute kein freundliches Wort des Grußes? Anderntags, auch wenn er ärgerlich war, beruhigten sich seine Blicke, wenn er mich ansah. Aber warum läßt Ärger seine Augenbrauen sich heute wölben, wenn er seinen liebsten Sohn ansieht?" Krank und verwirrt, von Kummer beunruhigt, verbeugte er sich tief vor Königin Kaikeyi und sprach demütig zu ihr, während sich Blässe über seine strahlenden Wangen ausbreitete: "Was habe ich unwissenderweise Falsches getan, was meinen Vater so verärgerte? Erkläre es mir, oh liebe Königin, und gewinne seine Vergebung für meine unachtsame Sünde. Warum ist der Herr, den ich sonst immer in aller Liebe antraf, heute so unfreundlich? Mit niedergeschlagenen Augen und blassen Wangen will er heute nicht sprechen. Oder hat ihn eine schreckliche Krankheit oder plötzlicher Kummer darniedergestreckt? Denn all unsere Glückseligkeit hat Schmerz in sich, und unvermischte Freude ist schwer zu erreichen. Erwartet den bezaubernden Bharata ein Schlag des bösen Schicksals? Oder stürzt er auf den tapferen Shatrughna herab, oder vielleicht auf seine Gefährtinnen, denn er liebt sie alle? Wenn ich gegen sein Wort rebellierte oder den Monarchen nicht zufriedenstellte, wenn meine Taten seine Seele kränkten, dann schwöre ich in dieser Stunde, daß mein Leben enden möge. Wie sonst sollte sich ein Mann verhalten, der ihm Dasein und Leben verdankt? Der Herr, dem man seine Geburt schuldet, sollte einem die Gottheit auf Erden sein.

Oder hast du, durch Stolz und Narrheit verführt, mit bitterem Hohn den König getadelt? Hat Verachtung von dir oder ein grausamer Scherz seine sanfte Brust in leidenschaftliche Erregung gebracht? Sprich die Wahrheit, Königin, so daß ich erfahre, was den Monarchen so verändert hat."

Nachdem der hochbeseelte Prinz, der Beste der Raghusöhne, sie so befragt hatte, schob die Königin alle Rücksicht und Scham beiseite und erwiderte stolz und mit gierigen Worten: "Nicht Zorn, oh Rama, bewegt den König, nicht elende Stiche eines unerwarteten Sporns. Ein Gedanke erfüllt seine Seele, doch aus Angst vor dir wagt er es nicht, ihn auszusprechen. Du bist ihm so lieb, daß seine Lippen von Worten ablassen, die seinen Liebling schmerzen könnten. Aber du mußt, wie es die Pflicht gebietet, das Versprechen deines Herrn erfüllen. Er, der mir in längst vergangenen Tagen einen Wunsch mit hoher Ehre gewährte, fürchtet sich nun. Der König bereut sein Wort und leugnet gemeinerweise die Schuld. Der Herr der Menschen gab sein Versprechen, mir jeden Wunsch zu gewähren, den ich erbitten mag. War dieses Versprechen damals so unnütz, wie eine Brücke über einen Fluß zu wölben, der ausgetrocknet ist und kein Wasser mehr führt? Seine Redlichkeit darf der Monarch nicht im Zorn zerbrechen und auch nicht um deinetwillen. Denn aus Redlichkeit, wie die Gerechten wohl wissen, strömen unsere Tugenden und unsere Verdienste.

Nun, sei es gut oder böse, du mußt deines Vaters Wort erfüllen: Schwöre, daß sein Versprechen nicht vergebens sein wird, und ich werde dir die ganze Geschichte erzählen. Ja, Rama, wenn ich von dir höre, daß du dich an deines Vaters Schwur gebunden hast, dann und nur dann sollen meine Lippen sprechen, denn er wird dir den Wunsch nicht erzählen, für den ich Erfüllung suche."

Er lauschte, und mit unruhiger Brust gab er der Königin seine Antwort: "Weh mir, Dame, wie kannst du glauben, daß solche Worte sich deiner Lippen geziemen? Ich würde, auf Bitten meines Herrn, meinen Leib ins Feuer werfen, würde tödliches Gift trinken oder in die Wellen des Ozeans sinken: Wenn er mir befiehlt, dann sei es getan - mein Vater und mein König in einem ist er. So sprich und laß mich wissen, was mein Herr, der König, verlangt. Es soll geschehen, laß dies genügen, denn Rama macht niemals ein Versprechen zweimal."

Er verstummte. Und die unbarmherzige Dame gab dem prinzlichen Jüngling, der die Gerechtigkeit liebte und die Wahrheit sprach, folgende grausame und scheußliche Antwort: "Als einst die Götter und die Titanen fochten, gab dein Vater, von Pfeilen durchbohrt und blutüberströmt, mir zwei Wünsche frei für sein geliebtes Leben, welches ich rettete. Ich fordere hiermit von ihm die alten Schulden ein: daß Bharat auf den Thron gesetzt wird und du, oh Rama, an diesem Tage zum weit entfernten Dandaka-Wald gehst. Nun Rama, wenn du deines Vaters Redlichkeit unbefleckt bewahren, und deine eigene Tugend und Ehre rein halten willst, dann höre, oh Bester der Menschen, mein Gebot. Gehorche du dem Wort deines Vaters und schweife nicht ab von dem Versprechen, das er mir gab. Verbringe dein Leben im Walde Dandaka, bis neun lange Jahre und weitere fünf vorüber sind. Laß auf das prinzliche Haupt meines Bharata die Weihetropfen fallen mit allem königlichen Pomp, der durch des Königs Beschluß für dich vorbereitet wurde. Suche dir den Dandaka-Wald und trete zurück von allen Riten, die dich zum Herrscher machen würden. Für zweimal sieben Jahre trage im Exil den Mantel aus Rinde und verfilztes Haar. Und laß an deiner Statt den Bharata regieren als Herrn über das Reich seines königlichen Vaters, reich an schönsten Juwelen, Wagen, Elefanten, Rossen und Vieh.

Der Monarch beklagt dein geändertes Schicksal und senkt seine Stirn mitleidsvoll. Durch bitteres Leid tief gebeugt liegt er da und wagt es nicht, seine Augen zu den deinen zu erheben. Gehorche seinem Wort: sei tapfer und fest, und rette mit großer Wahrhaftigkeit den Monarchen."

Während sie ihre grausamen Worte sprach, zeigte sich kein Gram beim edlen Jüngling. Aber über dem Vater brach die quälende Bestürzung über das Los seines geliebten Ramas erneut herein.


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