Pushpak Ramayana Buch 2Zurück WeiterNews

Canto 7 - Mantharas Klage

Es geschah, daß eine als Sklavin geborene Dienerin, die nun mit Königin Kaikeyi lebte, einem plötzlichen Einfall zufolge die Treppe hinaufstieg und auf der mondlichtüberfluteten Terrasse stand. Von dort aus erblickte Manthara mit Leichtigkeit die Stadt Ayodhya, die sich ihren Augen darbot, wo die königliche Allee mit Wasser gekühlt wurde, Berge von frischen und süßen Blumen zu sehen waren und kostbare Flaggen und Fähnchen auf den Dächern und Türmen ihre Schatten warfen. Hastig war so mancher Weg überdacht und viele Zelte neulich aufgestellt worden. Mit Sandelholz-Duft waren die mit Brahmanen gefüllten Straßen benetzt, und eine frisch gebadete Menge drängte sich überall mit Kränzen und Süßigkeiten in ihren Händen. Laute Instrumente ließen ihre Musik ertönen, und in der ganzen Stadt glitzerten die Tore der Tempel schneeweiß, so daß die Magd sich über den Anblick ganz verwunderte. Fragend erkundigte sich die Frau bei Ramas Kindermädchen, die nahebei stand, in reine weiße Roben gehüllt und mit froh geweiteten Augen schauend: "Gibt Ramas Mutter heute große Geschenke an das Volk, weil sie an etwas zärtlich gebunden ist oder aus übergroßer Zufriedenheit heraus? Was bedeuten diese Zeichen von seltenem Entzücken in alle Richtungen, in die mein Auge schaut? Sag, wird der König mit Freude einen glücklichen Triumph feiern?"

Und die Amme erzählte mit übersprudelndem Jubel der buckligen Manthara die frohe Geschichte: "Unser Herr und König wird morgen seinen ältesten Sohn salben und den Prinzen Rama zu Pushyas glücksverheißender Stunde in den Rang eines Königs erheben." Als solcherart die Amme sprach, erhob sich Wut in der Buckligen Brust. Schnell verließ sie die Terrasse, die dem Gipfel des hohen Kailash glich, und rannte mit Sünde in ihren Gedanken und entflammter Seele dorthin, wo Königin Kaikeyi schlief. "Warum schläfst du?", rief sie. "Erhebe dich, denn Gefahr droht dir. So öffne doch deine Augen. Oh, unachtsame Königin, du bist zu blind, um zu bemerken, welche Flut von Sünde sich über dich ergießt! Der Liebe und der Gunst deines Königs kannst du dich nicht mehr rühmen: Dir bleibt nur der Schein und nichts anderes. Seine Gunst ist nur ein leerer Schwindel, ein ausgetrockneter Strom in der Sommerhitze."

So von der schlauen Dienerin mit grausamen Worten aus zorniger Brust angeredet, fragte die Königin zutiefst beunruhigt zurück: "Welch üble Nachricht werde ich gleich hören? Dies traurige Auge, die durch plötzliches Leid oder Gefahr veränderte Wange - sprich!" Solcherart waren die Worte, die Kaikeyi sprach. Und Manthara hob an, die Augäpfel rot vor Wut und geübt in betrügerischen Künsten, Kaikeyis Liebe dem Rama zu entfremden, ihr Herz noch mehr zu verwirren und in ihrem gemeinen Haß mit geschickter Rede ihr teuflisches Ziel zu verfolgen: "Dich erwartet bald und sicher große Gefahr und tiefstes Leid, welches sich jeder Heilung widersetzt. König Dasaratha will Prinz Rama als seinen Mitregenten einsetzen. In die Tiefen von wilder Verzweiflung getaucht ist meine Seele ein Opfer von Schmerz und Sorge. Doch obwohl mich die Flammen schier verzehren, fühle ich doch großen Eifer für das Wohl meiner Herrin. Dein Kummer, meine Königin, ist auch der meine. Und dein Glück ist mein höchster Gewinn. Du stolze Tochter einer prinzlichen Abstammung, die Rechte einer königlichen Gemahlin sind dein. Wie bist du nur, einem königlichen Geschlecht entstammend, so arglos gegenüber der verbrecherischen Entwürdigung durch den König? Dein Herr ist gnädig im Betrügen, und es schmeichelt ihm, deine Seele zu bekümmern, während dein reines und sündenloses Herz nicht um die Falle weiß, die dich umschließt. Deines Gemahls Lippen gaben dir nur sanft beruhigende Worte -welch leerer Schein. Dabei werden heute Reichtum, Ansehen und Macht Kausalyas Mitgift sein. Mit listiger Seele sandte er dein Kind fort, damit es bei deinen fernen Freunden weilt. Und, da nun jeder Rivale weit weg und außer Sicht ist, übergibt er Rama Amt und Macht. Weh mir, denn du unglückliche Dame wurdest durch deines Ehemannes Namen getäuscht. Mit mehr als mütterlicher Liebe hast du eine Schlange an deine achtlose Brust gepreßt, und den geliebt, der dir Böses will - nicht den Ehegemahl, sondern einen tödlichen Feind. Denn wie eine Schlange, du achtlose Königin, oder wie ein Feind, der hinterrücks zusticht, hat König Dasaratha dich und Bharata unehrlich behandelt. Oh einfältige Dame, du hast dich lang von seinen sanften Worten und seinem falschen Lächeln betrügen lassen. Du armes Opfer mit der arglosen Brust, du verdientest ein glücklicheres Schicksal. Denn auf dich und deinen Sohn wartet die Vernichtung, wenn er Prinz Rama weiht. Erhebe dich, Dame, denn noch ist Zeit, dich vor dem Verbrechen zu bewahren. Auf, verbanne die Sorglosigkeit, und rette dich, oh Königin, deinen Sohn und mich!"

Hocherfreut über die Neuigkeit erhob Kaikeyi wie der Herbstmond ihr strahlendes Haupt von ihrem Ruhelager, und gab der Buckligen ein Juwel für die frohe Botschaft. Und als sie das kostbare Spielzeug verschenkte, rief sie in ihrer überschäumenden Freude: "Nimm dies, meine liebe Magd, denn deine Neuigkeiten sind höchst angenehm für meine Ohren, und wähle, welch weitere Gunst der willkommenen Botin passen möge. Ich freue mich, daß Rama den Thron gewinnt, denn Kausalyas Sohn ist auch der meinige."



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