Pushpak Ramayana Buch 2Zurück WeiterNews

Canto 4 - Rama wird erneut gerufen

Nachdem die Menge entlassen ward, rief der Monarch seine Berater zur Debatte zusammen und, nachdem er ihren Ratschlag gehört hatte, bekräftigte er vor ihnen seinen festen Entschluß: "Morgen wird der Mond im Zeichen des Pushya mit vielversprechenden Strahlen leuchten. Dies sei die Zeit des glücklichen Schicksals, um meinen ältesten Sohn zu berufen und den Lotusäugigen als Regent über den Staat einzusetzen." Dann suchte er nach seinem Wagenlenker und rief erneut: "Bring Rama her." So eilte Sumantra nochmals zu Ramas Wohnsitz und ward wieder der Begleiter des Prinzen. Als Rama von seinem Kommen hörte, erhoben sich in ihm besorgter Zweifel und Furcht. So bat er den Boten unverzüglich herein und fragte ihn: "Sag mir den Grund und verschweige nichts, warum du erneut mein Haus aufgesucht hast."

Der Bote antwortete: "Prinz, dein Herr hat mich gesandt um deiner Anwesenheit bei Hofe wegen. Mein Absender ist dir bekannt, es ist an dir zu sagen, ob du mitgehst oder nicht." Als Rama dies hörte, beeilte er sich, den königlichen Hof zu erreichen. Sobald der Monarch, der begierig darauf aus war, das Gespräch zu beginnen, bemerkte, daß sein liebster Sohn draußen wartete, ließ er ihn hereinführen. Nachdem der Held Rama die Tür durchschritten hatte, verbeugte er sich mit einigem Abstand zum Throne und erhob seine gefalteten Hände, seinen Herrn und Vater zu grüßen. Der Monarch hob ihn vom Boden auf, wand seine liebevollen Arme um ihn und wies ihm einen golden schimmernden Sitz zu, um sich auszuruhen.

"Gealtert bin ich," sagte er, "und müde. In der höchsten Lebensfreude sind mir Kinder geboren worden. Ich opferte in hunderten Riten den Göttern und gab dabei Korn mit großer Freizügigkeit. Ich sehnte mich nach Söhnen, nun ist mein Leben gesegnet durch sie und vor allem durch dich, den Besten meiner Söhne. Ich schulde keinem Brahmanen oder Heiligen etwas, noch den Geistern, Göttern oder mir selbst. Eine einzige Pflicht bleibt mir noch: dich, auf deines Vaters Thron zu setzen. Darum, Rama, hör mich an, und merke auf meine Worte mit pflichtschuldiger Aufmerksamkeit. Am heutigen Tage erwählte dich das Volk wie mit einer Stimme zum König ihrer Liebe. Und ich, der Wahl zustimmend, werde dich, mein Liebling, zum Thronerben machen. Jede Nacht schrecken fürchterliche Visionen mit bösen Omen meinen Blick. Rote Meteore schießen mit grauenvollem Geheule hinunter zur Erde, während Stürme die gepeinigte Luft peitschen. Diejenigen, welche die Sterne deuten, erklären mir, daß entgegen meines Geburtszeichens sich Rahu, der Mond und die Sonne vereinen. Wenn solch gräßliche Zeichen erscheinen, ist Tod oder Leid eines Monarchen nahe. Noch sind meine Sinne verschont und meine Gedanken und mein Wille unbeeinträchtigt, und darum sei du, mein Sohn, der gesalbte König. Die Vorlieben der Menschen sind sehr wankelmütig. Heute trat der Mond in das Zeichen Punarvasu ein. Und, wie es die Weisen vorhersagen, wird er morgen im Reigen der vorzüglichen Pushya Sterne wohnen. Dann sollst du auf den Thron gesetzt werden, denn meine prophetische Seele rät mir zu Eile. Ja, morgen werde ich dich, oh mein Sohn, als Mitregenten heiligen. So bemüht ihr beiden euch, Sita und du, um striktes Fasten bis die kommende Nacht vorbei ist. Zieh deine Seele von weltlichen Gedanken ab und verbringe die Nacht auf heiligem Gras sitzend.

Auch laß deine Vertrauten sorgfältig über dich, ihren Freund, wachen, denn oft hemmt oder zerstört Unerwartetes unsere bedächtigsten Pläne. Während Bharata in der Ferne bei königlichen Verwandten weilt, ist es, so denke ich, die passendste Zeit, dich als gewählten Regenten einzusetzen. Sicherlich würde Bharata ruhig und treu auf die ihm gegebenen Ratschläge hören, und sich dir in liebevollem Vertrauen ergeben, mit gezügelten Sinnen, rein und gerecht. Doch der menschliche Geist unterliegt schnell plötzlichen Veränderungen, das weiß ich nur zu gut. Durch beständige Taten allein zeigt sich die Tugend der Guten. Nun Rama, geh. Gute Nacht, mein Sohn. Die Zeremonie ist für morgen festgesetzt."

So zeigte Rama seine Ehrerbietung und zog sich schnell in sein Heim zurück. Er trat ein, verweilte jedoch nicht, und suchte gleich die Gemächer seiner Mutter auf, wo die Dame in Leinenroben gehüllt inbrünstig vor dem Altar zur Königin des Glücks betete, und sie mit gedämpften Gemurmel um Schutz für ihren Rama bat. Auch Sumitra war da und Lakshmana in seiner liebevollen Fürsorge. Als sie vom königlichen Beschluß erfuhren, ward auch Sita eilig herbeigerufen. Ganz versunken, mit halbgeschlossenen Augen, sah man die Königin, umringt von den dreien. Sie wußte, daß zur glücklichen Pushya Stunde ihr Sohn zur königlichen Macht berufen würde. Und so konzentrierte sie ihre Gedanken mit angehaltenem Atem auf den höchsten Gott, den alle Menschen suchen. Ihr nun, die dort kniete und betete, näherte sich Rama und grüßte sie ehrerbietig. Und um noch ihren mütterlichen Stolz zu vergrößern, sprach ihr geliebter Junge: "Oh liebe Mutter, meines Vaters Beschluß vertraut mir die Herrschaft über das Volk an. Morgen soll ich, so ist sein Wille, als gesalbter König den Thron besteigen. Die letzten Stunden der Nacht müssen Sita und ich mit Fasten verbringen, denn so hat mein Vater es beschlossen, und die heiligen Priester stimmten ihm zu. Welche Gelübde du auch immer für nötig erachtest, wähle die passenden für den Vorabend meiner Weihe und für mich und meine geliebte Sita, liebste Mutter."

Als Kausalya die frohe Botschaft hörte, so lang ersehnt und so lang verzögert, da unterbrachen Tränen der Freude ihre gemurmelten Gebete, und sie antwortete ihrem Sohn: "Lang sei dein Leben, mein Liebling, nun verbeugen sich deine hingestreckten Feinde vor dir. Lebe lange und segne mit deinem strahlenden Erfolg meine Freunde und die liebe Sumitra. Die Sterne waren sicherlich besonders schön, als dich, lieber Sohn, deine Mutter trug. Denn deine guten Gaben lösten solche Liebe aus und gewannen dir die Gunst deines Herrn. Wegen dir lag ich nicht umsonst in den Wehen, diese Lotusaugen belohnen mich für meinen Schmerz. Und all der Ruhm des Geschlechts der Ikshvakus wird dein sein."

Er lächelte und sah seinen Bruder an, der mit ehrfürchtig erhobenen Händen dasaß. Er sprach: "Mein Bruder, du mußt mein Mitregent in diesem Land sein. Du bist mein zweites Ich, Lakshmana, und teilst mein Glück mit mir. Dein seien die Freuden, die von königlicher Macht fließen, du Sohn der Sumitra. Das Leben selbst und des Monarchen Thron sind mir nur um deinetwillen lieb." So sprach Rama zu seinem Bruder und beugte sein Haupt zu seinen beiden Müttern hin. Dann eilte der Held mit Sita an seiner Seite in sein Haus.


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