Pushpak Ramayana Buch 1Zurück WeiterNews

Canto 62 - Das Opfer des Ambarisha

Mit dem Jungen an seiner Seite hielt der König seine erschöpften Pferde nach langer Reise an, um gegen Mittag eine Rast am Ufer des Pushkar Sees einzulegen. Während der König sich der Ruhe erfreute, erhob sich der gefangene Sunahsepha und hastete zum Wasser. Dort erspähte er seinen Onkel Vishvamitra mit vielen anderen Einsiedlern, wie sie unter Bäumen ihre strenge Buße betrieben. Außer sich vor Anstrengung und Durst und mit kummervoller Miene sprang er los, suchte Zuflucht an der Brust des Einsiedlers und begann weinend zu klagen: 'Ich habe keinen Vater mehr und keine liebende Mutter, auch keine Verwandten, die mich trösten könnten. Oh Einsiedler, geruhe doch im Sinne der Gerechtigkeit mich von der qualvollen Pein zu erlösen. Oh du, zu dem die Elenden fliehen und in dir einen Retter finden, oh Heiliger, laß den König seinen Willen erhalten und mich meine Zahl an Tagen erfüllen, so daß ich auch an meinen schweren Riten teilhaben kann, gen Himmel steigen und dort meine Ruhe finden mag. Sei der Wächter des Waisen mit sanfter Seele und freundlicher Miene und, wie sich ein Vater sorgend regt, so rette mich vor Furcht und Kummer.'

Als Vishvamitra, der ruhmreiche Asket, des Jungen herzerweichende Klage gehört hatte, da linderte er seine Trauer und trocknete seine Tränen. Dann rief er seine Söhne zu sich und sprach: 'Es ist die Zeit gekommen, euer zukünftiges Leben zu bedenken, eure Pflichten einzuhalten und die Hilfe zu geben, für die ein Mann seiner Ehefrau Kinder gibt. Dieser Sohn eines Eremiten, den ihr hier als Bittsteller seht, sucht seine Zuflucht in mir. Ihr Söhne, nehmt euch des freundlosen Jungen in Freundschaft an und verteidigt mir zuliebe sein Leben. Für heilige Zwecke habt ihr gerungen, getreu dem tugendhaften Leben, welches ich euch lehrte. Geht nun, und wie Opfer dazu bestimmt sind zu bluten, sterbt und befriedigt Lord Agnis Hunger (der Feuergott). So soll das Opfer vollständig abgeschlossen werden, und dieser Waise gewinnt einen rettenden Freund. Seid bereit, euer Opfer an die Götter zu entrichten und gehorcht eures Vaters Gebot.'

Da antworteten Madhushyand und die anderen Söhne ihrem Vater, teils mit Verachtung und teils im Scherz: 'Was, einem anderen Sohn gewährst du Hilfe und deine eigenen überläßt du dem Tod, mein Herr?! Für uns scheint das eine scheußliche Sache zu sein, als ob man sich von seinem eigenen Fleisch ernährte.' Der Eremit hörte die Antwort seiner Söhne und brennender Zorn wallte in ihm auf. Sofort entluden sich die Worte der Wut: 'Solch dreiste Rede! Von der Tugend verflucht! Das läßt ja jedes erschauernde Haar zu Berge stehen! Meinen Auftrag zu verachten! Meinen Zorn zu wagen! Ihr sollt, ganz wie Vasishtas verdorbene Brut, euch für tausend Jahre von Hundefleisch ernähren und für viele Geburten solcherart gestraft auf Erden leben.'

So verfluchte er seine Söhne. Dann beruhigte er erneut den verstörten Jungen und segnete ihn mit seinem rettenden Beistand: 'Wenn du mit den geheiligten Fesseln gebunden, mit dem purpurnen Kranz geschmückt und an Vishnus Pfahl gefesselt bist, dann verherrliche mit Lobgesang Gott Agni. Vergiß niemals, Sohn des Eremiten, diese beiden Hymnen voll heiligen Lobes während des Königs Opfer zu beten, und du wirst der Herr deines Wunsches, bewahrt und frei sein.' Der Junge lernte die Hymnen mit aufmerksamem Geist und verließ den Einsiedler wieder. Zu Ambarisha sprach er sodann: 'Laß uns weiterreisen und nach Hause eilen, oh König, und die glanzvollen Riten nicht mit Gemächlichkeit verzögern.'

Die Bitte des Jungen erfreute den Monarchen und bald schon erreichten sie den Opferplatz. Der hohe Beschluß der versammelten Brahmanen erklärte den Jungen von allen Makeln frei. Er ward in rote Roben eingehüllt und an die Opfersäule gebunden. Dort stehend, betete er die Lobeshymnen an den Feuergott und pries Indra und seinen jüngeren Bruder, Upendra (Vishnu). Der tausendäugige Vishnu war sehr zufrieden, als er die mystische Laudatio hörte. Er neigte sein Ohr und, durch Verehrung gewonnen, rettete er schnell den Knaben und gewährte Sunahsepha ein langes Leben. Und der König erhielt die Früchte des Opfers in ungezählter Menge durch die Gunst dessen, der den Himmel regiert, Gott Indra mit den tausend Augen.

Vishvamitra jedoch lebte immer weiter an den Ufern des Pushkar und widmete sich seiner Aufgabe, bis tausend Jahre vergangen waren in heftiger Enthaltsamkeit und langem Fasten.


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