Pushpak Ramayana Buch 1Zurück WeiterNews

Canto 6 - Der König

Es regierte der gute und verehrte Dasaratha mit großer Zuneigung das Land und die Stadt. Wohl geschult in den heiligen Schriften strebte er mit Macht, Tapferkeit und Glück nach dem Wohle seines Königreiches. Er war der Stolz von Ikshvakus Samen wegen seiner erhabenen Gedanken und seiner rechtmäßigen Taten, wegen seiner Strebsamkeit gegenüber den Heiligen, seiner ruhmreichen Tugend, den unterworfenen Feinden und der gezähmten Leidenschaften. Es gab keinen Rivalen für Dasaratha, der es in seinem unermeßlichen Reichtum mit ihm aufnehmen konnte - außer Indra und der Gott des Goldes (Kuvera). Er regierte wie Manu, der Erste aller Könige, und versorgte bewunderungswürdig seinen Staat. Sicher, gerecht und immer wahrhaftig behielt er Liebe, Pflicht und Gewinn im Auge und herrschte über seine Stadt, reich und frei, wie Indra über Amaravati.

Eines solchen wunderbaren Ortes würdig lebte dort ein gerechtes und glückliches Volk, welches mit Scharen von Kindern gesegnet war. Weder suchte ein zufriedener Mann nach mehr, noch verlangte er neidvoll nach den Vorräten eines Reicheren. Armut selbst war unbekannt. Ein jeder Mann zählte Vieh, Rosse, Gold und Korn zu seinem Eigentum. Ein jeder Bewohner war gut und sauber angezogen, man sah überall Ohrringe, Kränze oder Ketten. Niemand mußte verdorbene Nahrung essen, und niemand war falsch oder geizig. Ein Stückchen Gold war der kleinste Lohn für die Arbeit eines Tages. So trugen die Menschen an jedem Arm Ringe, und niemand war treulos, schwor falsche Eide, war ein Prahler oder unfreundlich. Niemand lebte vom Reichtum anderer oder litt unter Angst, einer ruinierten Gesundheit oder dunkler Seele. Alle waren hochbeseelt. Niemals hörte man ein verleumderisches Wort, noch eine hochmütige Lüge. Ein jeder lebte beständig nach seinen Gelübden und war seinem Gemahl ergeben. Keine andere Liebe lebte in den Menschen, als die zärtliche, herzliche und wahrhafte. Die Damen waren schön von Gestalt und Angesicht, mit Charme, Verstand und sanfter Anmut gesegnet, mit maßvoller und reinlicher Kleidung und gewinnendem Betragen, sanft und lieblich.

Die zweifachgeborenen Heiligen, deren Freude in den Schriften und heiligen Riten lag, folgten ihrem gelassenen und gesetzten Gang und suchten nicht die bewegte Menge. Ein jeder war in vielen Schriften versiert, ein jeder nährte die Flamme der Verehrung und gab mit großzügiger Hand. Jedweder Brahmane bot dem Himmel die angemessenen Opfer, und keiner war gottlos oder unwahrhaft inmitten der heiligen Schar.

Gemäß den Gesetzen bot die Kriegerkaste den Brahmanen immer die angemessene Ehrfurcht dar, und ebenso stolz war die friedliebende Menge der Vaisyas, welche Handel trieben und sich mühsam ihren Gewinn erarbeiteten, um die heiligen Männern zu ehren und ihnen zu dienen. Und all diese wurden von den Shudras versorgt, welche niemals von ihrer Pflicht abwichen und Brahmanen, Geistern, Göttern und Gästen mit angemessener Verehrung entgegentraten. Rein und unvermischt blieben die Riten bestehen und damit die Ehre der Geschlechter unbefleckt. Beglückt von Enkeln, Söhnen und Eheweib führte ein jeder ein langes und fröhliches Leben.

So wurde die berühmte Stadt von einem erhalten, der alle in seiner Familie überragte, und der gesegnet war in seiner Herrschaft. Wie Manu, der Erste der Menschen, einst das ganze Land führte, so folgte man dem König von einem Ufer des Ozeans zum anderen. Und Helden beschützten die Stadt, stark und mutig, wie Löwen ihre Felsenhöhle bewachen. So heftig brannte in ihnen das Feuer, daß sie fochten bis zum Tode und niemals einem Kampf den Rücken zuwandten. Es gab Pferde der edelsten Rassen von den Vali- Hügeln, von Sindhus Stränden und auch aus Vanayu und Kamboja, die den Rossen Indras in Gestalt und Schnelligkeit glichen. Überall traf man edle Elefanten, die zuvor durch die Täler von Vindhya und Himalaya gestreunt waren. Sie waren Giganten an Masse und Größe und doch sanft in ihrer unvergleichlichen Kraft. Sie konnten es gut mit ihrer weltberühmten und ruhmreichen Abstammung aufnehmen, mit Vaman, in seiner gewaltigen Größe, mit Mahapadmas glorreicher Sippe, mit Aujan und Airavat, den Bewahrern des Himmels(1). In allen vier Klassen überragte ein jeder seine mächtigen Verwandten: die Matangas, die schwarz-weiß gefleckten Mrigas, die Bhadras mit ihrer unerschöpflichen Stärke und die schwer zu zähmenden Mandras.

So schien Ayodhya in ihrem strahlenden Glanze und machte ihrem Namen alle Ehre(2). Dasaratha regierte seinen schönen und angestammten Staat weise, großzügig und mit jedweder Tugend gekrönt. Er regierte seine Stadt wie Indra im Himmel, deren Wälle hohe Kuppeln besaßen und stolze Türme, die mit weiten Toren und Triumphbögen geschmückt war, und die mit breiten Barrieren die lebensfrohe und zahllose Menge beschützte.


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(1) die Elefanten des Indra und andere Gottheiten, welche die vier Punkte des Kompaß versinnbildlichen
(2) Ayodhya heißt in etwa "nicht gegen sie zu kämpfen"